Monat: November 2019

20 Jahre Insolvenzordnung (InsO) – Entwicklung aus Sicht der Sozialen Schuldnerberatung

Die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) ist der Zusammenschluss der Wohlfahrtsverbände mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung (BAG-SB) und der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Sie vertritt die Interessen der ihr angeschlossenen Schuldnerberatungsstellen und begleitet die InsO seit ihrer Verabschiedung am 05. Oktober 1994. Im Zuge dessen nahm auch der Arbeitskreis Insolvenzordnung (AK InsO) der AG SBV seine Arbeit auf und es wurden im Laufe der vergangenen zwei Jahrzehnte diverse Stellungnahmen und Positionspapiere zu aktuellen Themen rund um die InsO veröffentlicht.

20 Jahre Insolvenzordnung sind aus Sicht der AG SBV InsO ein Zeitraum, in welchem viel für Schuldnerinnen und Schuldner erreicht werden konnte. Ein oft allzu kritischer Blick auf die Entwicklungen, häufig begleitet mit den Worten „Dauerbaustelle Insolvenzordnung“ oder „Die Insolvenzordnung kommt nicht zur Ruhe“ verkennt, dass es neben der unverzichtbaren Möglichkeit einer Entschuldung darüber hinaus durchaus gewinnbringende Fortentwicklungen zu verzeichnen gibt. Die Veränderungen durch die zum Insolvenzrecht ergangene Rechtsprechung und die Reformen brachten für die am Verfahren Beteiligten immer auch Erleichterungen, Vorteile und Chancen zur Weiterentwicklung und Professionalisierung.

Das Jubiläum bietet Gelegenheit, Rückschau zu halten und die Entwicklung der InsO mit besonderem Blick auf die soziale Schuldnerberatung zu beleuchten.

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Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Rechts des Pfändungsschutzkontos und zur Änderung von Vorschriften des Pfändungsschutzes (PKoFoG)

Die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) begrüßt, dass mit der Veröffentlichung eines Referentenentwurfs zur Fortentwicklung des Rechts des Pfändungs-schutzkontos und zur Änderung von Vorschriften des Pfändungsschutzes (Pfändungsschutz-konto-Fortentwicklungsgesetz – PKoFoG, Stand 27.09.2019) am 09.10.2019 die Weiterentwicklung dieses Rechtsgebietes nun fortgesetzt wird.

Der vorgelegte Gesetzentwurf greift einige Empfehlungen des Evaluierungsberichtes von 2016 und einige Vorschläge der Schuldner- und Verbraucherverbände auf. Dies ist grundsätzlich positiv zu bewerten.
Allerdings durchzieht den Entwurf ein Übermaß an Bürokratie, die zu einer Vielzahl von unnötigen und teilweise auch gesetzeswidrigen Regelungen führt und die dringend benötigte Transparenz und Klarheit für eine sichere Rechtsanwendung aller Beteiligten verhindert. Dies gilt etwa auch für die Systematik des Gesetzes, das zunächst in §§ 850k ff. ZPO-E Einrichtung und Beendigung des Pfändungsschutzkontos, die Pfändung des gemeinsamen Zahlungskontos und die Fortsetzung des Pfändungsschutzes bei Kontenwechsel regelt und an gänzlich anderer Stelle (§§ 899 ff. ZPO-E) die Rechtsfolgen. Das gesamte Regelwerk ist in dieser Form nur noch für Experten verständlich und nicht mehr praxisgerecht. Der Gesetzgeber sollte sich nicht davon leiten lassen, jede erdenkliche – teils auch nur akademische – Fallgruppe vor der Gefahr eines allenfalls theoretischen Missbrauchs zu regeln. Stattdessen sollte er den Mut haben, zu Gunsten von Effizienz und Klarheit für alle Beteiligten zu handeln, auch wenn hierdurch ein geringer Anteil von Fällen vermeintlich zu Unrecht profitiert. Denn die Zahl der Schuldner, die wegen zu komplexer Vorschriften weniger Pfändungsschutz genießen, ist derzeit um ein Vielfaches höher.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt die AG SBV eine grundlegende Vereinfachung der Vor-schriften, die wir in der folgenden Stellungnahme im Einzelnen kommentieren.

Zusammenfassung

Aus der Sicht der Verbände der gemeinnützigen Schuldner- und Insolvenzberatung sind u. a. folgende Regelungen grundsätzlich positiv zu bewerten:

  • Rechtsanspruch auf Umwandlung auch bei überzogenen Konten inkl. Klarstellung eines jederzeitigen Rückumwandlungsanspruches, § 850k Absätze 1, 3 ZPO-E
  • Möglichkeit des Pfändungsschutzes für ein Gemeinschaftskonto, § 850l Absatz 1 ZPO-E
  • Klarstellung, dass auch öffentlich-rechtliche Gläubiger den Pfändungsschutz sicherzustellen haben, § 850n ZPO-E
  • Erweiterung der Übertragbarkeit geschützten Guthabens auf drei Monate, § 899 Absatz 2 ZPO-E
  • Gesetzliche Klarstellung, dass das „First In – First Out“-Prinzip bei der Berechnung des pfändbaren Betrags und Übertrags gilt, § 899 Absatz 2 ZPO-E
  • Ausweitung des Aufrechnungsschutzes bei überzogenen Konten, § 901 Abs. 1 ZPO-E
  • Erweiterung der Bescheinigungs-Möglichkeit für Erhöhungsbeträge bei Sozial-leistungen, § 902 ZPO-E
  • Verbesserter Schutz von Nachzahlungen, § 904 ZPO-E
  • Mitteilungspflichten der Zahlungsinstitute im Rahmen der Pfändungsbearbeitung, § 908 ZPO-E

Kritisch und z. T. gänzlich abzulehnen im Sinne eines angemessenen Schutzes des Existenzminimums des Schuldners sind u. a. folgende Vorschläge:

  • Fehlende Regelung zu Pfändungsschutz bei sog. faktischen Unterhaltspflichten im Rahmen des § 850 f ZPO-E
  • Belastung des Nichtschuldners durch Fortwirkung der Pfändungsmaßnahme bei Pfändung eines Gemeinschaftskontos, § 850l Absätze 2, 3 ZPO-E
  • Überflüssige und teure „Mitnahme“ der Pfändungssituation bei einem Kontowechsel nach ZKG, § 850 m ZPO-E
  • Für Kontoinhaber nochmals deutlich verschlechterte Möglichkeit, eine Überprüfung der Kontoführung und Pfändungsbearbeitung zu erreichen, § 899 Absatz 3 ZPO-E
  • „Zwangsvereinbarung“ bei der Rückführung eines debitorischen Saldos und Zahlung aus dem Unpfändbaren, sachgrundlose Privilegierung einzelner Gläubiger, § 901 Ab-satz 2 ZPO-E
  • Nachweisverfahren mit codierter Erklärung und Bescheinigung nebeneinander, die bei Zusammentreffen keine eindeutige Bestimmbarkeit des tatsächlich pfändungsfreien Gesamtbetrags bewirken, § 901 Absatz 1 Nr. 2 ZPO-E
  • Systemwidrige Mitteilungspflicht des Schuldners über geänderte Vermögensver-hältnisse, § 907 Absatz 2 S. 2 ZPO-E
  • Kostentragungspflicht und praxisfremde Verzichtsmöglichkeit des Schuldners bei Mitteilungspflichten, § 908 Absatz 8 ZPO-E
  • Überflüssige Zertifizierung mehrerer Vordrucke für Bescheinigungen, § 910 ZPO-E

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Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht

Zusammenfassung der Forderungen

  • Keine Anbindung der Inkassokosten an das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz
    Kosten für Inkassodienstleistungen im automatisierten Mengeninkasso sollten nicht über das RVG geregelt werden. Es sollte ein eigenes InkassokostenErstattungsGesetz geschaffen werden.
  • Begrenzung der Inkassokosten auf 0,3 einer Gebühr und Begrenzung der Öffnungsklausel auf 0,7 einer Gebühr
    Die geplante Reduzierung der Inkassokosten auf eine 0,7 Gebühr gemäß Nr. 2300 Anlage 1 VV RVG ist im Mengeninkasso zu hoch angesetzt. Wird eine Forderung bereits aufgrund eines einzigen Inkassoschreibens ausreichend erledigt, sind die Inkassokosten analog der Vergütung für einfache Schreiben ohne rechtliche Prüfung gemäß Nr. 2301 Anlage 1 VV RVG auf eine 0,3 Gebühr zu begrenzen. Die bislang vorgesehene Obergrenze in Nr. 2300 Abs.2 Anlage 1 VV RVG von 1,3 für besonders umfangreiche oder schwierige Inkassodienstleistungen wird gestrichen.
  • Schadensminderungspflicht und Hinweispflichten bei Abgabe an ein Inkasso
    Gläubiger sind stärker auf Maßnahmen zur Schadensminderung zu verpflichten. Gläubiger sollen verpflichtet sein, mindestens einmal selbst zu mahnen und auf die Kostenfolge hinzuweisen, bevor sie das Eintreiben der offenen Forderungen an ein teures Inkassounternehmen abgeben. Werden Informationspflichten gemäß § 13 a RDG-E verletzt, sollte dem Schuldner ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Kosten zustehen, über deren Grundlagen er nicht, wie gesetzlich vorgesehen, informiert wurde.
  • Abschaffung der Ratenzahlungsgebühr im Mengengeschäft
    Ratenzahlungsvereinbarungen im Mengengeschäft gehören zum Kerngeschäft des Inkassowesens und sollten mit der Inkassovergütung abgedeckt sein. Eine zusätzliche Gebühr für die Vereinbarung von Ratenzahlungen im Mengengeschäft, in dem keine rechtliche Prüfung stattfindet und von der EDV-gesteuerte, standardisierte Ratenzahlungs-Formulare versandt werden, ist nicht gerechtfertigt.
  • Koppelungsverbot bei Ratenzahlungsvereinbarung
    Bei Ratenzahlungsvereinbarungen sollte eine Koppelung mit anderen Vereinbarungen wie Abtretungen, Forderungsanerkennungen etc. nur dann zulässig sein, wenn der Schuldner auf die Folgen hingewiesen wird und er diese zusätzlich unterschreiben muss, analog einer Widerrufsbelehrung. Darüber hinaus muss klargestellt werden, dass der Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung nicht von der Unterzeichnung der Zusatzvereinbarungen abhängt.
  • Begrenzung der Doppelbeauftragung und deren Folgen
    Im Fall der Doppelbeauftragung von Inkassodienstleistern und Rechtsanwälten sollen Schuldner die entstehenden doppelten Kosten nur noch dann erstatten müssen, wenn hierfür ein sachlicher Grund gegeben ist. Es fehlt indes eine Regelung, die eine Kostenerstattungspflicht des Schuldners bei einer sachgrundlosen Abgabe von einem Inkassodienstleister an den nächsten Inkassodienstleister unterbindet.
  • Zentralisierung und Ausbau der Aufsicht
    Es bedarf effektiver, personell und finanziell gut ausgestatteter Behörden, um gegen unseriöse Inkassodienstleister vorzugehen. Eine Zentralisierung würde die Informationen bündeln und vermeiden helfen, durch Wahl des Ortes der Niederlassung eine strengere Aufsicht zu umgehen.

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