Monat: Januar 2005

Stellungnahme zum Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Justiz vom September 2004 „Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts“

Zusammenfassung

  1. Die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) begrüßt, dass mit dem beabsichtigten Rechtsdienstleistungsgesetz alle rechtsdienstleistenden Tätigkeiten, die im Rahmen der Schuldner- und Insolvenzberatung anfallen, ausdrücklich erlaubt bzw. erlaubnisfrei gestellt werden. Dies bedeutet die für die Schuldner- und Insolvenzberater in den Beratungsstellen der freien Wohlfahrtspflege und der Verbraucherverbände überfällige notwendige Rechtssicherheit für ihren Arbeitsalltag.
    1. Auch die im Diskussionsentwurf vorgesehene Bündelung der verschiedenen rechtlichen Beratungsformen unter dem weiten Oberbegriff der Rechtsdienstleistung ist aus der Perspektive der Schuldner- und Insolvenzberatung zu begrüßen. Da notwendiger Bestandteil der Schuldner- und Insolvenzberatung die umfassende rechtliche Beratung und Vertretung der ver-/ überschuldeten Ratsuchenden auf der Grundlage der Sozialgesetzbücher II und XII1 sowie der Insolvenzordnung ist, ist die bisherige Trennung zwischen Rechtsberatung und -besorgung unter dem aktuellen Rechtsberatungsgesetz künstlich und überholt.
    2. Die Komplexität von Schuldner- und Insolvenzberatung, die für die Ratsuchenden und ihre Angehörigen umfassende rechtliche, ökonomische und soziale Dienstleistungen aus einer Hand zu erbringen hat2, bringt es aber notwendigerweise mit sich, dass Schuldner- und Insolvenzberatung immer eine Hauptleistung darstellt. Soweit § 5 Abs. 1 RDG-DiskE Schuldner- und Insolvenzberatung derzeit noch als Nebenleistung erlaubt, ist dieser Gesetzgebungsvorschlag abzulehnen. Schuldner- und Insolvenzberatung ist niemals Nebenleistung!
    3. Die mit § 8 Nrn. 3 und 5 RDG-DiskE vorgesehene grundsätzliche Absicherung der rechtsdienstleistenden Tätigkeiten von Trägern der freien Wohlfahrtsverbände und der Verbraucherverbände kraft ihres Aufgaben- und Zuständigkeitsbereichs ist hingegen wiederum zu begrüßen. Für das Arbeitsfeld Schuldner- und Insolvenzberatung bedeutet dies die uneingeschränkte rechtliche Absicherung der sozialen Schuldnerberatung. Die gesonderte Absicherung der anerkannten Insolvenzberatungsstellen über Nr. 4 ist die logische Übernahme der bereits zulässigen Rechtsdienstleistung nach den Vorschriften der Insolvenzordnung und der entsprechenden Landesausführungsgesetze.
  2. Aus der Sicht des Schuldnerschutzes als Teil des rechtlichen Verbraucherschutzes wird der Diskussionsentwurf seiner Zielsetzung, Rechtsuchende vor unqualifizierter Rechtsberatung und -besorgung zu schützen, nicht gerecht. Denn er hebt nahezu vollständig den im aktuell geltenden Rechtsberatungsgesetz implementierten Schuldnerschutz grundlos auf. Der Diskussionsentwurf befördert mit den §§ 5 Abs.1 und 3 sowie § 7 RDG-DiskE und mit dem nicht (mehr) vorgesehenen (praktikablen) Schutzinstrumentarium gegen unqualifizierte Rechtsdienstleistungen in unakzeptabler Weise die Ausbreitung gewerblicher unseriöser Schuldenregulierer, die mit überschuldeten Menschen – nachweisbar – Geschäfte machen. Was bringt die öffentliche Warnung und die – leider notwendige – Kampagne des Bundeskriminalamtes zusammen mit den Landeskriminalämtern, den Verbraucherzentralen und den öffentlichen Schuldnerberatungen zur Bekämpfung von unseriösen Kreditvermittlern und „Finanzsanierern“3, und was bringen die deutlichen Warnhinweise im aktuellen „Verbraucherpolitischen Bericht der Bundesregierung 2004“ vor den negativen Folgen einer übereilten Deregulierungsoffensive, wenn gleichzeitig Bundesgesetze Schlupflöcher für diese „Finanzsanierer“ eröffnen?
  3. Neben den positiven Aspekten des Diskussionsentwurfs bedarf dieser daher an zwei Stellen der dringenden Nachbesserung: Einmal bei der Klarstellung, dass Schuldner- und Insolvenzberatung keine Nebenleistung sein kann; zum anderen bei der Umsetzung eines angemessenen Schuldnerschutzes gegen gewerbliche Schuldenregulierer und ihre – bekannten – anwaltlichen Helfershelfer, die auch die Anwaltskammern mit Besorgnis beobachten. Hier muss eine Balance zwischen Deregulierung (Marktöffnung für seriöse Dienstleister) und rechtlichem Verbraucherschutz gefunden werden, die der Zielsetzung in § 1 RDG-DiskE gerecht wird.

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