Um das Existenzminimum steuerfrei zu stellen, haben Bundestag und Bundesrat die laufenden Kindergeldzahlungen für das Jahr 2015 – unabhängig von der Kinderanzahl – um jeweils 4 EUR pro Kind und Monat erhöht. Das Gesetz zur Anhebung des Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags wurde am 22. Juli im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BGBl. 2015, S. 1202). Diese Kindergelderhöhung tritt jedoch rückwirkend für das Gesamtjahr 2015 in Kraft, da auch die steuerrechtlichen Kinderfreibeträge für den gesamten Steuer-Veranlagungszeitraum 2015 erhöht worden sind.
Laufende Kindergeldauszahlung ab September:
Daraus resultieren folgende laufende Kindergeld-Gutschriften durch die Familienkasse der
Bundesagentur für Arbeit ab September 2015 (bis zum Jahresende):
- für das 1. + 2. Kind: 188 EUR
- für das 3. Kind: 194 EUR
- für das 4. u.w. Kinder: 219 EUR
Die Kreditinstitute haben zugesichert, diese erhöhten Kindergeldbeträge automatisch in die bestehenden Freibeträge auf Pfändungsschutz-Konten einzupflegen, so dass eine bereits bei der Bank vorliegende P-Konto- Bescheinigung bzw. der alte Bescheid über das Kindergeld auch für die erhöhten Beträge ihre Gültigkeit behalten.
Diese automatische Anpassung entspricht der Praxis bei der Erhöhung der Pfändungsfreibeträge zum 01.07.2015.
Kindergeld-Nachzahlung für die Monate Januar bis August:
Da das erhöhte Kindergeld in den meisten Fällen erst ab September fortlaufend überwiesen werden kann, aber die Erhöhung rückwirkend zum Jahresbeginn in Kraft gesetzt wurde, kommt es im Oktober bundesweit zu einer Nachzahlung für die Monate Januar bis August. Für jedes in diesem Zeitraum zu berücksichtigende Kind gelangen dann zusätzlich 8 x 4
EUR = 32 EUR zur Auszahlung.
Endete der Kindergeldbezug (z.B. wegen Erreichens der Altersgrenze oder Berufseintritts) vor August, wird nur für die tatsächlichen Bezugsmonate nachgezahlt. Entsprechendes gilt, wenn der Kindergeldbezug erst im Jahr 2015 begonnen hat (bei einer Geburt im April kommt es z.B. zur Nachzahlung für fünf Monate).
Die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit hat veranlasst, dass bei allen maschinell erstellten Kindergeld-Nachzahlungen, die im Oktober erfolgen werden, eine spezielle Kennzeichnung „KG2015NZ“ in den Überweisungszweck aufgenommen wird. Damit sind alle Kreditinstitute in der Lage, Nachzahlungsgutschriften automatisiert zu erkennen und den jeweiligen P-Konto-Freibetrag für Oktober entsprechend zu erhöhen. Es ist davon auszugehen, dass es im Regelfall der maschinell erstellten Nachzahlungen im Oktober (das betrifft ca. 95 % der Anspruchsberechtigten) keiner zusätzlichen Bescheinigung oder Anpassung bedarf!
Achtung: Ein Anpassungsbedarf besteht somit nur in drei Fallgestaltungen:
a) Manuell bearbeitete Kindergeld-Nachzahlungen
Wird das Kindergeld samt Nachzahlung im Einzelfall manuell berechnet und ab August (in seltenen Fällen auch über den Oktober hinaus) manuell angewiesen (ca. 5 % der Anspruchsberechtigten), fehlt die spezielle Kennzeichnung „KG2015NZ“. Ohne diese Kennzeichnung ist jedoch nicht sichergestellt, dass die von den Kreditinstituten zur Pfändungsbearbeitung eingesetzten Programme den „Charakter“ der Gutschrift als pfändungsfreie Kindergeld-Nachzahlung erkennen können und automatisch berücksichtigen werden. Die Familienkassen werden die betroffenen Kindergeld- Empfänger allerdings nicht separat über den notwendigen Nachzahlungsschutz informieren. Betroffene müssen daher selbst aktiv werden und bei ihrem Kreditinstitut den Status der Nachzahlung erfragen.
b) Bei individuell bezifferter Kontofreigabe, falls der Kindergeldbetrag in dem freigegebenen Betrag mit einberechnet ist!
Manche individuell bezifferten Freigabebeschlüsse nach § 850k Abs. 4 ZPO beziehen – entgegen der Gesetzessystematik – auch den (bisher gültigen) Kindergeldbetrag mit ein. In diesem Fall sollte umgehend eine Anpassung des Freibetrages an die neuen Kindergeldbeträge (evtl. zuzüglich der einmaligen Nachzahlung im Oktober) beantragt werden. Je nach Ausgangsentscheidung sind dafür das Vollstreckungsgericht oder die Vollstreckungsstelle des öffentlichen Gläubigers bzw. im laufenden Insolvenzverfahren das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht zuständig.
Gesetzlich korrekt wäre es allerdings, bei dieser Gelegenheit das Kindergeld aus dem bezifferten Freigabebetrag ganz heraus zu nehmen und dem Kreditinstitut künftig für das Kindergeld den Bescheid der Familienkasse (bzw. eine Kopie des Kontoauszuges) als Bescheinigung vorzulegen. Ansonsten wird zum Jahreswechsel eine weitere Anpassung des Freigabebeschlusses nach § 850k Abs. 4 ZPO erforderlich.
c) Bei Auszahlungen durch die Familienkassen des öffentlichen Dienstes
Wird das Kindergeld durch eine Familienkasse des öffentlichen Dienstes ausbezahlt, ist anhand der Verdienstbescheinigung zu prüfen, ob die Nachzahlung bereits Ende August zusammen mit den Septemberbezügen der Beamten bzw. den August-Bezügen der öffentl. Angestellten erfolgt ist (wie für die rund 660.000 Landesbediensteten in NRW). Hier ist dem Kreditinstitut ggf. mit Hilfe der Verdienstbescheinigung die Höhe des zusätzlich pfändungsfreien Kindergeldbetrages nachzuweisen.
Ausblick auf den Jahreswechsel 2015/16
Ab Januar erhöhen sich die Kindergeldbeträge nochmals um je 2 EUR pro Kind, so dass folgende Summen zur Auszahlung kommen:
- für das 1. + 2. Kind: 188 + 2 = 190 EUR
- für das 3. Kind: 194 + 2 = 196 EUR
- für das 4. u.w. Kinder: 219 + 2 = 221 EUR
Die Kreditinstitute haben zugesichert, auch diese linear erhöhten Kindergeldbeträge automatisch in die bestehenden Freibeträge auf Pfändungsschutz-Konten einzupflegen, so dass eine bereits bei der Bank vorliegende P-Konto- Bescheinigung bzw. der alte Bescheid über das Kindergeld auch für die erhöhten Beträge ihre Gültigkeit behalten werden.
Das Informationspapier wurde erstellt von Dr. Carsten Homann, Pamela Wellmann, Prof. Dieter Zimmermann und Thomas Zipf.