Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Rechts des Pfändungsschutzkontos und zur Änderung von Vorschriften des Pfändungsschutzes

zum Regierungsentwurf in der Fassung vom 10.06.2020

Anlass der beabsichtigten Gesetzesänderung ist der Schlussbericht zur Evaluierung des P-Kontos aus dem Jahr 2016 sowie diverse Klarstellungen aufgrund inzwischen ergangener höchstrichterlicher Entscheidungen. Die Bundesregierung verfolgt dabei das Ziel, die in der Praxis des P-Kontos zutage getretenen Probleme zu lösen und den Kontopfändungsschutz transparenter zu machen. Dies soll nach dem vorliegenden Entwurf insbesondere durch Ergänzung und Neustrukturierung der Regelungen zum P-Konto in der Zivilprozessordnung erfolgen, die hierzu um einen neuen Abschnitt erweitert wird.

Der Regierungsentwurf reagiert auf die zum Teil massive Kritik am Referentenentwurf und greift insbesondere die Anregungen von vielen Seiten auf, die Regelungen grundlegend zu vereinfachen.

Die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) begrüßt daher den vorgelegten Gesetzesentwurf insgesamt als erhebliche Verbesserung für P-Konto-Inhaber und weitere Beteiligte, da der Kontopfändungsschutz grundsätzlich erleichtert wird.

Zusammenfassung

Trotz der allgemein positiven Bewertung bleibt in einigen Punkten deutlicher Änderungs- und Verbesserungsbedarf, um die Handhabbarkeit für alle Beteiligten und insbesondere die Gleichbehandlung im Vollstreckungsschutz für betroffene Schuldner zu gewährleisten.

Die AG SBV regt daher die nachfolgenden und unter 3. im Detail ausgeführten Änderungen nachdrücklich an:

Unverständlich ist der Verzicht des Gesetzgebers, die dringend gebotene Lücke zwischen so- zialrechtlicher Einstandspflicht und Pfändungsrecht zu schließen. Die Folge ist eine grundlose Benachteiligung von Familienkonstellationen, auch Kindern, ohne gesetzliche Unterhaltspflichten und das Begleichen privater Schulden mit Hilfe staatlicher Leistungen. Auch die Gegenäußerung der Bundesregierung zu dem entsprechenden Vorschlag des Bundesrates fällt hier – mit u. E. falscher Begründung – negativ aus, s. unten 3.1.

Sehr kritisch zu beurteilen sind die vorgesehenen Regelungen im Bereich der Erhöhungsbescheinigung (2. Stufe), s. unten 3.2, durch die sowohl die bescheinigenden Stellen, aber auch die Drittschuldner und in der Folge absehbar die Vollstreckungsgerichte erheblich belastet und mit unübersichtlichen Fallkonstellationen konfrontiert werden. Die Vorschrift wird in dieser Form nicht umsetzbar sein. Dies betrifft insbesondere Fälle mit sogenannten faktischen Unterhaltspflichten (Patchwork Familien und nichteheliche Lebensgemeinschaften). Hier sollte dringend die bisherige bewährte Regelung beibehalten werden.

Positiv zu betonen ist allerdings die Erleichterung des Schutzes für bestimmte Leistungen und die Erweiterung des Ansparübertrags. Die gefundene Regelung für Gemeinschaftskonten wird weit überwiegend die derzeitigen Probleme lösen, benötigt jedoch unbedingt eine Klarstellung zur zeitnahen Bereitstellung der unpfändbaren Beträge durch die Kreditinstitute, s. unten 3.5.

Aus Sicht der AG SBV besteht noch Änderungsbedarf mit Blick auf die Frage, wann neue Bescheinigungen vorzulegen sind und dringend Klarstellungsbedarf hinsichtlich des Zeitpunktes der Wirkung und zeitlichen Zuordnung der Erhöhungsbescheinigung, s. unten 3.3.

Der Schutz von Nachzahlungen bei Leistungen, die zu einem späteren Zeitpunkt für mehrere Monate bewilligt wurden, ist erleichtert worden. Jedoch fehlt es an der notwendigen Konsequenz im Bereich des Kataloges der Leistungen. Die AG SBV regt daher weitere Änderungen an, s. unten 3.4.

Die neuen Regelungen bieten gute Lösungen insbesondere im Bereich der debitorischen Konten mit der Umsetzung des sog. 2-Konten-Modells und Ausweitung des Schutzes bei Auf- und Verrechnung, s. unten 3.5.

Die Zahl der Stellen, die der Schuldner – vergeblich – aufgesucht haben muss, bevor er eine Ersatzbescheinigung durch das Vollstreckungsgericht erhält, wurde begrenzt. Damit sind die bisherigen Odysseen der Schuldner beendet. Neue Schwierigkeiten sind aber im Hinblick auf die Zuständigkeiten bei mehreren, insbesondere auch öffentlichen Pfändungen zu erwarten. Hier besteht unbedingt Nachbesserungsbedarf, s. unten 3.5.

Gleiches gilt für die Zuständigkeit des Insolvenzgerichtes im Hinblick auf die Ersatzbescheinigung. Hier wurde in § 36 Absatz 1 Satz 2 InsO-E möglicherweise versehentlich die entsprechende Bezugnahme unterlassen, s. unten 3.5.

Themenorientierte Kritik

Sicherung des notwendigen Lebensunterhalts bei nichtehelichen Lebensgemein- schaften – § 850f Abs. 1 Buchstabe a ZPO (faktischer Unterhalt)

Der Gesetzentwurf regelt die Problematik der sogenannten faktischen Unterhaltspflichten trotz vielfacher Aufforderungen nicht. Das benachteiligt Familien mit Stiefkind- oder „Patchwork“-Konstellationen erheblich und führt im Ergebnis zu einer mittelbaren Schuldentilgung durch den Staat. Die AG SBV fordert dringend eine entsprechende Gesetzesanpassung. Diese würde weder Gläubiger noch staatliche Stellen benachteiligen.

Eine „Harmonisierung von Sozial- und Zwangsvollstreckungsrecht“ (siehe Bundesrat- Drucksache vom 15.05.2020 Nr. 166/20, S. 8 ff) ist insbesondere bei sogenannten Stiefkind- und Patchwork Familien von erheblicher Bedeutung zur Sicherung des Existenzminimums dieser Familien, als auch für Sozialleistungsträger, die ggf. für die Schulden dann einstehen müssen. In § 850f Abs. 1 Buchst. a ZPO-E ist keine Einbeziehung der so ge- nannten faktischen Unterhaltsverpflichtung im Rahmen einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II bzw. im Rahmen einer Einstandspflicht nach dem SGB XII vorgesehen. Der Bundesgerichtshof hat am 19.10.2017 die mögliche Erhöhung des Pfändungsfreibetrags bei einer faktischen Unterhaltsverpflichtung erörtert, aber nicht entschieden, da sich bei der zugrundeliegenden Fallkonstellation auch nach Pfändung keine Sozialhilfebedürftigkeit ergeben hatte.

Zukünftig werden Gerichte – ohne Anpassung des § 850f Abs. 1 Buchstabe a ZPO – bei der Auslegung der Vorschrift argumentieren, dass der Gesetzgeber trotz seiner Kenntnis des Problems der faktischen Unterhaltspflicht eine Änderung nicht vorgenommen hat und damit faktische Unterhaltsverpflichtungen bei der Anhebung der Pfändungsfreigrenzen nicht zu berücksichtigen sind. Da nunmehr auch der Bundesrat auf diese Thematik hingewiesen, die Bundesregierung aber eine Änderungsnotwendigkeit dennoch zurückgewiesen hat, besteht diese Gefahr in deutlich erhöhtem Maße. Dies hat zur Folge, dass bei Pfändung eines Schuldners, der in einer Stieffamilien-/ Patchworkkonstellation lebt, das sozialhilferechtliche Existenzminimum dieser „Familie“ nur noch durch einen Antrag beim zuständigen Sozialleistungsträger gesichert werden kann.

Das pfändungsrechtliche Korrektiv eines Antrags gemäß § 850f Abs. 1 Buchstabe a ZPO beim Vollstreckungsgericht ist auch für Stief-/ Patchworkfamilien erforderlich, um prüfen zu können, ob bei diesen Familien aufgrund einer Pfändung eines Mitglieds der Einstands- gemeinschaft der sozialrechtliche Bedarf durch eine Erhöhung der Pfändungsfreigrenze noch zu sichern ist. Die im Anhang dargestellten Beispiele machen deutlich, dass hier ein Antrag mit einem reformierten § 850f Abs. 1 Buchstabe a ZPO erforderlich ist, um das sozialhilferechtliche Existenzminimum zu sichern.

Die AG SBV fordert daher eine Klarstellung im § 850f Abs. 1 Buchstabe a ZPO, dass die Sicherung des Existenzminimums auch bei faktischer Unterhaltsverpflichtung im Rahmen der sozialen Einstandsverpflichtung gilt.

Andernfalls wird dies zu dem „widersinnigen Ergebnis“ führen, dass der jeweilige Sozial- leistungsträger, also der Staat, diese fehlenden Mittel zu ersetzen hat.

Die Bundesregierung behauptet in ihrer Gegenäußerung vom 10.06.2020 auf die Stel- lungnahme des Bundesrates, dass Geldleistungen, die der Schuldner für Dritte auf einem P-Konto im Rahmen einer Bedarfs- oder Einstandsgemeinschaft entgegennimmt, bereits geschützt sind.

Die Argumentation der Bundesregierung trifft ausschließlich auf die kleine Gruppe der Aufstocker von SGB II Leistungen zu, wenn diese ergänzende Leistung dem Konto des Schuldners gutgeschrieben wird. In allen anderen Fällen, in denen der Schuldner und seine Einstandsgemeinschaft keine Sozialleistungen erhalten, hilft selbst bei einer Kon- topfändung dieser Schutz nicht. Bei einer Pfändung an der Quelle, d. h. beim Arbeitgeber, wird dieser bei der Berechnung des pfändbaren Betrags nur gesetzliche Unterhaltspflichten berücksichtigten. Wenn das durch die „erhöhte“ Pfändung geringere Einkommen zu einem Sozialleistungsanspruch führt, ist nur der Sozialleistungsträger zur Zahlung verpflichtet, und die Regelung gemäß § 902 ZPO-E hilft dem Schuldner in einer Stief-/ Patchwork Familie nicht weiter.

Änderungsvorschlag:

§ 850f Abs. 1 Buchstabe a ZPO ist wie folgt neu zu fassen:

1. Das Vollstreckungsgericht kann dem Schuldner auf Antrag von dem nach den Bestimmungen der §§ 850c, 850d und 850i pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens einen Teil belassen, wenn

a) der Schuldner nachweist, dass bei Anwendung der Pfändungsfreigrenzen entsprechend der Anlage zu diesem Gesetz (zu § 850c) der notwendige Lebensunterhalt im Sinne des Dritten und Vierten Kapitels des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch oder nach Kapitel 3 Abschnitt 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für sich und für die Personen, denen er Unterhalt zu gewähren hat oder denen gegenüber er auf Grund des § 9 Abs. 2 Sätze 1 und 2 des SGB II oder § 27 Abs. 2 Satz 2 oder [und] § 39 SGB XII einstandspflichtig ist, nicht gedeckt ist“

Erhöhungsbeträge – § 902 ZPO-E

Das neu geschaffene System der Erhöhungsbeträge benachteiligt Patchwork-Familien und Aufstocker unangemessen. Es ist unpraktikabel, enthält Schutzlücken und belastet Kreditinstitute und bescheinigende Stellen erheblich. Bei Umsetzung der vorgesehenen Regelungen droht der Zusammenbruch der bewährten Bescheinigungspraxis.

Die AG SBV fordert, dass die bisherige Regelung gem. § 850 k Abs. 2 Nr. 1 a) und b) ZPO beibehalten wird.

Für Familien im Leistungsbezug sollen nach dem Gesetzesentwurf unterschiedlich hohe Freibeträge gelten – je nachdem ob sie gesetzlichen Unterhaltspflichten nachkommen oder sozialrechtlich einstandspflichtig sind. Das ist ungerecht und führt zu erheblichem Mehraufwand auf Seiten der Kreditinstitute und Schuldnerberatungsstellen. Hier sollte das bewährte bisherige System beibehalten werden, indem für alle Schuldner gleichermaßen ein Mindestfreibetrag in Höhe der niedrigsten Beträge der Pfändungstabelle nach § 850c ZPO gilt. Abweichungen können über das Vollstreckungsgericht frei gegeben werden.

Aus der Begründung zu § 902 ZPO-E wird deutlich, dass die geplante unterschiedliche Behandlung den Zweck verfolgt, die betragsmäßige Beschränkung auf die pfändungs- freien Beträge nach § 850c ZPO aufzuheben. Dies ist im Vergleich zum bisherigen System weder notwendig noch nennt der Evaluierungsbericht zum P-Konto einen entsprechenden Änderungsbedarf. Stattdessen wird aber durch die vorgesehene Regelung der bislang einheitliche Mindestfreibetrag nach § 850c Abs. 2 ZPO für beide Familienkonstellationen nicht mehr gewährleistet; in der Folge ergäbe sich für viele P-Konto-Inhaber ein monatlich immer neu zu berechnender Freibetrag.

Begründung:

Gem. § 850k Absatz 2 ZPO gelten die niedrigsten Beträge der Pfändungstabelle nach § 850c Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit § 850c Absatz 2a Satz 1 ZPO pauschal als pfändungsfrei, wenn diese per Bescheinigung frei gestellt werden.

Nach der nun vorgesehenen Regelung des § 902 ZPO-E wird dieses erprobte System durchbrochen. Es würde zwar für Familien mit gesetzlichem Unterhalt das bisherige pau- schale System beibehalten (Nummer 1). In Fällen, wo der Schuldner Geldleistungen nach dem SGB II und XII sowie dem Asylbewerberleistungsgesetz entgegennimmt und keine gesetzliche Unterhaltspflicht besteht, gilt gemäß § 902 Nummer 5 ZPO-E jedoch nur die gewährte Leistung selbst als Freibetrag. Das ist ungerecht und aus mehreren Gründen auch völlig unpraktikabel.

Da die tatsächlich gewährten Sozialleistungen meist niedriger liegen als der Wert der o. g. Pauschalen gilt für Patchworkfamilien ein niedrigerer Freibetrag als für die „klassische“ Familie. Ein Sachgrund ist nicht erkennbar; die Differenzierung erzwingt jedoch eine fortlaufende Neubestimmung von Freibeträgen in unzähligen Einzelfällen:

  • Zur Berechnung des Freibetrags wäre selbst bei gleichbleibenden Einkommensverhältnissen und daher der Höhe nach gleichbleibenden ergänzenden Leistungen nach dem SGB II bzw. SGB XII immer erforderlich, den tatsächlichen Leistungsanteil zu ermitteln, der auf die einzelnen Mitglieder der Bedarfs- bzw. Einstandsgemeinschaft entfällt, da der Leistungsanteil es Schuldners selbst bereits über dessen Grundfreibetrag abgedeckt ist. Dies betrifft bspw. regelmäßig die Kosten der Unterkunft. Diese Pro- Kopf-Berechnung ist weder von der Kreditwirtschaft noch von den Schuldnerberatungsstellen zu leisten. Nach dem bisherigen System muss dagegen lediglich die Anzahl der Haushaltsmitglieder bestimmt werden, ohne dass es auf die tatsächliche Höhe der Einkünfte ankommt.
  • Völlig praxisfern ist die Regelung in den häufig vorkommenden Fällen von sog. „Aufstockerhaushalten“ mit häufig wechselnden Einkommen. Hier ändert sich durch unter- schiedliche Arbeitsstunden, Wegfall oder Aufnahme von kurzfristigen Arbeitsverhältnissen nicht nur das einzusetzende Haushaltseinkommen, sondern in der Folge auch die Höhe des jeweiligen Leistungsbezuges regelmäßig. Dies führt zu Nachzahlungen oder Nachforderungen durch den Sozialleistungsträger.
  • Nach der geplanten Regelung des § 902 Nr.5a ZPO-E wäre dann auch jedes Mal der pfändungsfrei zu stellende Betrag neu zu berechnen. Diese Berechnung kann nicht der Kreditwirtschaft zugemutet werden. Sie wird zu einem hohen Bedarf an Bescheinigungen führen. Hierfür bestehen bei den bescheinigenden Stellen weder die notwendigen flächendeckenden Kapazitäten noch die finanziellen Mittel. Bei den Kreditinstituten als Drittschuldner führt das ständig neue Einpflegen geänderter Freibeträge zu erheblichem Mehraufwand, technisch sowie hinsichtlich der Informationspflichten.
  • Es ist aufgrund der wechselnden Bescheide, die teilweise auch zeitverzögert erlassen werden, und der beschränkten Zugänge zu Bescheinigungen auch kaum möglich, den Freibetrag jeweils aktuell für den betroffenen Monat einrichten zu lassen – eine nach- trägliche Erhöhung oder Senkung ist weder praktikabel noch im System vorgesehen. Es entstünde eine große Unsicherheit darüber, welcher Freibetrag bei Ausstellen der Erhöhungsbescheinigung und in dem jeweiligen Monat Gültigkeit hat.
  • Hier ergibt sich insbesondere bei den Aufstockern in Patchworkfamilien ein weiteres gravierendes Problem. Zusätzlich zu den niedrigen monatlichen Arbeitseinkommen werden ergänzende Sozialleistungen gewährt, um insgesamt das Existenzminimum zu sichern. Nun können in diesen Fällen nur die niedrigen gewährten Leistungen über § 902 Nummer 5 ZPO-E bescheinigt werden, nicht jedoch das Arbeitseinkommen, sodass der Freibetrag insgesamt viel zu niedrig ausfällt, was dem Schuldner und seiner (Patchwork)-Familie Beträge zur Sicherung des Existenzminimums entzieht, weil diese an den Gläubiger ausgekehrt werden müssten. Der arbeitende Schuldner, der aufstockt, hätte insofern auch einen geringeren Freibetrag als derjenige, der ausschließlich Leistungen nach dem SGB erhält.
  • Sollte es bei der Regelung bleiben, müsste vielen Schuldnern geraten werden, bei wechselnden Bescheiden einen sog. Blankettbeschluss zu erwirken, der den jeweils monatlich gewährten Betrag auf dem Konto freistellt. Dies auch, da die Aufgabe der Berechnung abweichender Pfändungsfreibeträge eindeutig den Gerichten vorzubehalten und nicht über Bescheinigungen zu handhaben ist.
  • Eine ebenso große Problematik besteht in Patchworkfamilien auch bei reinem Einkommensbezug. Da weder Sozialleistungen bezogen werden noch eine gesetzliche Unterhaltspflicht besteht, ist eine Erhöhung des Freibetrages für die faktischen Unterhalt- pflichten aufgrund sozialrechtlicher Einstandspflicht überhaupt nicht möglich. Einer solchen Familie würden sämtliche Einkünfte oberhalb des Grundfreibetrages entzogen und an den Gläubiger ausgekehrt. Für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft entsteht in der Folge ein Bedarf nach Sozialleistungen.
  • § 902 Nummer 4 ZPO-E enthält noch eine Lücke. Da in Nummer 5 nur Lebensgemeinschaften erfasst sind, in denen keine Unterhaltspflicht besteht, will Nummer 4 den Betrag ausgleichen und freistellen, um den die an den Schuldner gewährte Sozialleistung höher ist als sein Freibetrag. Leistungen an seine Familie fallen nicht hierunter, sind aber auch nicht unter Nummer 5 zu fassen, wenn eine gesetzliche Unterhaltspflicht besteht. Möglicherweise wäre Nummer 7 einschlägig, dann wäre Nummer 4 allerdings gänzlich überflüssig. Das gesamte System des § 902 ZPO-E ist so kaum nachvollzieh- und handhabbar, es schafft eine unübersichtliche Differenzierung, die mit Blick auf die bewährte einheitliche Pfändungsfreigrenze gem. § 850c ZPO völlig unnötig ist.

Eine Ungleichbehandlung von Familien mit gesetzlichen Unterhaltspflichten und solchen in Patchwork Familien wurde vom Bundessozialgericht bereits mehrfach abgelehnt und auch der Bundesrat mahnt aktuell in seiner Stellungnahme im Zusammenhang mit § 850f ZPO „eine aus sozial- und familienpolitischer Sicht dringend erforderliche Harmonisierung von Sozial- und Zwangsvollstreckungsrecht“ an (BR-Drs. 166/20, s. Fußnote 1). Eine unterschiedliche Bescheinigungspraxis und nicht einheitlich an § 850c ZPO orientierte Mindestfreibeträge liefe dem zuwider.

Sehen sich in der Folge die bescheinigenden Stellen mit der Ausstellung einer korrekten P-Konto-Bescheinigung und Kreditinstitute mit der Beurteilung der Korrektheit einer vorgelegten Bescheinigung überfordert, werden absehbar in zunehmendem Maße die Vollstreckungsgerichte mit der Klärung dieser unnötigen Ungleichbehandlung in Anspruch genommen. Die schnelle unbürokratische Ausstellung einer Bescheinigung, insbesondere in Form einer einheitlich gestalteten Musterbescheinigung, ist jedenfalls so nicht zu gewährleisten.

Änderungsvorschlag:

§ 902 ZPO-E: „Neben dem pfändungsfreien Betrag ……. erfasst:

1. ….wenn der Schuldner einer oder mehreren Personen aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt oder aufgrund § 9 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB II, § 27 Abs. 2 Satz 2 oder § 39 SGB XII einstandspflichtig ist oder laufende Geldleistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch für Personen entgegennimmt, die mit ihm in einer Gemeinschaft im Sinne des § 7 Absatz 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch oder der §§ 19, 20, 27, 39 Satz 1 oder § 43 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch leben oder laufende Geldleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz für Personen entgegen nimmt, mit denen er einen gemeinsamen Haushalt führt;

4. Vorschrift streichen

5. Vorschrift streichen

…. Für die Erhöhungsbeträge nach Satz 1 gilt § 899 Absatz 2 entsprechend. Übersteigen die Leistungen nach Nummer 1, 2. und 3. Halbsatz die Beträge nach § 850c Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 4, so gilt § 906 entsprechend für den überschießenden Betrag.

§ 907 ist anzuwenden.

Nachweise über Erhöhungsbeträge – § 903 ZPO-E

Die vorgesehene Regelung gemäß § 903 Absatz 2 ZPO-E wird zu einer unnötigen Mehrbelastung der bescheinigenden Stellen, insbesondere der Schuldnerberatungsstellen, führen. Kreditinstitute sollen zukünftig, nach Ablauf von zwei Jahren, einer unbefristet ausgestellten Bescheinigung – ohne konkreten Grund – die Vorlage einer neuen Bescheinigung vom Kontoinhaber verlangen können. Es ist zu befürchten, dass dieses Verfahren seitens der Kreditinstitute standardmäßig eingeführt werden wird.

Die AG SBV fordert den Verzicht auf diese Ergänzung. Es ist völlig ausreichend, dass Kreditinstitute jederzeit bei konkretem Anlass eine neue Bescheinigung verlangen können.

Nach § 903 Absatz 4 ZPO-E ist klargestellt, dass vom Schuldner vorgelegte Bescheinigungen nach zwei Geschäftstagen von dem Kreditinstitut beachtet werden müssen. In der Praxis reicht diese Klarstellung insbesondere um einen Monatswechsel herum jedoch nicht aus. Hier ist unklar, ob der Freibetrag noch dem alten Monat zuzurechnen ist oder nicht. Es wird nicht unterschieden zwischen der Zurechnung des Freibetrags zum jeweiligen Monat und der Frist, in der das Kreditinstitut den Freibetrag dem Schuldner erstmals technisch zur Verfügung stellen muss. Die AG SBV fordert hier eine Klarstellung, dass der Freibetrag ab Eingang der Vorlage wirksam ist und sich die in Absatz 4 benannte Frist auf die technische Umsetzung bezieht.

Begründung:

  • Geltungsdauer von Bescheinigungen (Absatz 2)
    Kreditinstitute haben nach Absatz 2 auch bei unbefristet ausgestellten Bescheinigungen das Recht – ohne Grund – vom Kontoinhaber eine erneute Bescheinigung zu verlangen. Vor Ablauf der Zweijahresfrist ist eine Vorlage nur zulässig, wenn dem Kreditinstitut Anhaltspunkte bekannt sind, dass die Bescheinigung unrichtig ist oder die Angaben nicht mehr zutreffen.
    Diese faktische Einschränkung unbefristeter Bescheinigungen auf zwei Jahre wird dazu führen, dass die gängige Praxis vieler Kreditinstitute, neue Bescheinigungen bereits nach einem oder zwei Jahren – ohne Grund – einzufordern, zur Regel wird. Dies führt zu einer erheblichen und unnötigen Mehrbelastung von Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen, Bescheinigungen nun als Standard alle zwei Jahre neu ausstellen zu müssen.
    Es besteht kein Sachgrund, diese Beschränkung einzuführen, da die Kreditinstitute aufgrund der allgemeinen Regel – bei Kenntnis einer unrichtigen oder nicht mehr zutreffenden Bescheinigung – den Schuldner jederzeit mit einer Frist von zwei Monaten auffordern können, eine neue Bescheinigung beizubringen. Änderungen, insbesondere bei Eintritt der Volljährigkeit bescheinigter Kinder, sind hiermit ebenfalls bereits abgedeckt und werden durch die Kreditinstitute beachtet.
    Die AG SBV fordert daher die Streichung der Sätze 2 und 3 in § 903 Absatz 4 ZPO-E.

Änderungsvorschlag § 903 Absatz 4 Satz 5:

„Ist die Bescheinigung für einen längeren Zeitraum oder unbefristet ausgestellt, kann das Kreditinstitut eine neue Bescheinigung verlangen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, die die Annahme rechtfertigen, dass die Angaben in der Bescheinigung unrichtig sind oder nicht mehr zutreffen.“

Wirkung einer Bescheinigung (Absatz 4):

Der Regierungsentwurf regelt in § 903 Absatz 4 ZPO-E, dass eine vorgelegte Bescheinigung ab dem zweiten auf die Vorlage der Bescheinigung folgenden Geschäftstag zu berücksichtigen ist – egal ob sie das erste Mal oder wiederholt vorgelegt wird. Die Regelung ist nicht eindeutig. Unklar ist, ob die Frist nur dazu dient dem Kreditinstitut eine angemessene Zeit für die technische Umsetzung zu ermöglichen oder ob damit auch der Zeitraum der Geltung bestimmt wird. Aus der Begründung ist nur zu entnehmen, dass dem „Kreditinstitut eine hinreichende Umstellungsmöglichkeit einzuräumen“ ist. Aus der Sicht der AG SBV ist die Regelung so zu verstehen, dass der neue Freibetrag frühestens erst zwei Tage nach Vorlage der Bescheinigung zur Verfügung steht, aber für den Monat gilt, in dem er vorgelegt wird.

Die AG SBV geht davon aus, dass diese Regelung seitens der Kreditinstitute unterschiedlich interpretiert werden wird. Somit kann eine am 29. oder 30. eines Monats vorgelegte Beschei- nigung dazu führen, dass ein Kreditinstitut den erhöhten Freibetrag erst im Folgemonat berücksichtigt, wodurch der Schuldner gegebenenfalls nicht mehr über den bescheinigten Mehrbetrag verfügen kann.

Die AG SBV fordert daher eine Klarstellung, dass die Bescheinigung unmittelbar nach Eingang dem Monat zuzuordnen ist, in dem sie vorgelegt worden ist und sich die in Absatz 4 normierte Umsetzungsfrist dagegen nur auf die Zurverfügungstellung des Freibetrags bezieht.

Nachzahlung von besonderen Leistungen – § 904 ZPO-E

Werden Beträge für vergangene Monate nachgezahlt, ist deren Pfändungsschutz zukünftig in vielen Fällen unbürokratischer über die Bescheinigung möglich – der Gesetzgeber nutzt allerdings die Chance für eine konsequentere Regelung nicht. Die AG SBV fordert hier eine Ergänzung der Vorschrift.

Zwischen der Beantragung von Leistungen oder Renten und deren Bewilligung vergehen häufig mehrere Monate. Beträge für vergangene Zeiten werden dann nachgezahlt. Der Schuldner muss diese Zeit mit Zahlungsaussetzen oder privatem Geldleihen überbrücken. Da der Betrag der nachgezahlten Leistung meist den regulären Pfändungsbetrag auf dem Konto übersteigt, konnten die Leistungen bislang nur aufwendig über einen Gerichtsbeschluss geschützt werden. Manche Gerichte lehnten den Schutz gänzlich ab, da keine Notlage mehr bestehe.

Insofern ist die Neuregelung und damit Umsetzung einer langjährigen Forderung der Schuldnerberatung in § 904 ZPO-E zu begrüßen, wonach laufende Geldleistungen zukünftig über die Bescheinigung geschützt werden können.

Die Umsetzung muss jedoch alle unpfändbaren Sozialleistungen erfassen und sollte sich zusätzlich auch auf Betriebs- und Gesundheitsrenten sowie Arbeitseinkommen beziehen. Denn auch hier kommen Nachzahlungen vor, die dem gleichen Zweck, nämlich der laufenden Existenzsicherung des Schuldners, dienen. Andernfalls würde mindestens eine Klarstellung benötigt.

Bei der Berechnung des pfandfreien monatlichen Nachzahlungsbetrages sind Verfügungen des Schuldners nicht zu berücksichtigen. Die Begründung ist hier gefährlich missverständlich.

Begründung:

Der neu konzipierte § 904 Absatz 1 ZPO-E erfasst bestimmte laufende Geldleistungen – beschränkt diese allerdings auf § 902 Absätze 4 – 7 ZPO-E. Diese sind auch dann, wenn sie nachgezahlt werden, in voller Höhe unpfändbar und können gemäß Absatz 3 per Bescheinigung freigestellt werden. Das ergibt sich daraus, dass diese Leistungen ohnehin materiell unpfändbar sind – beispielsweise Kindergeld oder laufende SGB II – Leistungen. Hier müssten jedoch konsequenterweise auch die Leistungen nach § 902 Absätze 2 und 3 ZPO-E ergänzt werden – Leistungen zum Ausgleich eines Körper- und Gesundheitsschadens, einmalige Sozialleistungen und Leistungen der „Bundesstiftung Mutter und Kind – Schutz des ungeborenen Lebens”. Denn auch diese sind über § 902 ZPO-E per Bescheinigung im Auszahlungsmonat jeweils pfändungsfrei zu stellen. Hier dürfte es sich um ein Versehen handeln.

Alle weiteren nachgezahlten Sozialleistungen werden künftig bis zu einem Betrag von 500,00 Euro ebenfalls per Bescheinigung nicht von der Pfändung erfasst. Bei darüber hinaus gehenden Beträgen kann das Vollstreckungsgericht oder die Vollstreckungsstelle des öffentlichen Gläubigers die Nachzahlung freigeben. Hier erfolgt eine Prüfung, in welcher Höhe der Betrag, wäre er monatlich ausgezahlt worden, pfändungsfrei gewesen wäre. Hauptanwendungsfall dieser Regelung sind die gesetzlichen Renten, deren Monatsbetrag durchaus die Pfändungsgrenzen überschreiten und zu einem pfändbaren Betrag führen könnte.

In der Gesetzesbegründung (S. 45) wird hierzu ausgeführt, dass das Gericht insbesondere in den Blick zu nehmen habe, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Schuldner bereits über unpfändbare Beträge verfügt hat. Hierzu ist anzumerken, dass die Verfügung von Ansparüberträgen durch den Schuldner in den jeweils betroffenen Monaten nicht zu einer Reduzierung des pfändungsfreien Betrages führen darf. Denn Ansparüberträge erhöhen in dem jeweiligen Monat den Pfändungsfreibetrag, so dass bei der Ermittlung im Zusammenhang mit einer Nachzahlung allenfalls andere Geldeingänge zu berücksichtigen sind, nicht jedoch die Verfügungen des Schuldners. Der Satz sollte aus der Begründung gestrichen werden.

Dieselbe Prüfung müsste das Gericht ebenfalls bei anderen Leistungen, wie etwa nachgezahltem Arbeitseinkommen aus Überstunden, Beamtenpensionen oder Betriebsrenten vornehmen, um nachträglich einen pfändbaren und pfändungsfreien Teil festzustellen. Zu diesen Leistungen schweigt der Gesetzentwurf, obwohl eine vergleichbare Interessenslage besteht. Auch der Bezieher von Arbeitseinkommen oder Betriebsrenten ist darauf angewiesen, über den pfändungsfreien Teil dieser Zahlungen zur Sicherung seines Existenzminimums verfügen zu können, wenn nicht bereits an der Quelle gepfändet wurde. Es besteht die Gefahr, dass die Gerichte den Schutz ablehnen werden – weil die gerichtliche Zuständigkeit und Befassung für Sozialleistungen explizit geregelt wurde und damit eine planmäßige Regelungslücke gegeben sein könne.

Insofern wird mindestens eine Klarstellung angeregt, dass für den Schutz anderer als der hier erwähnten Nachzahlungen ausdrücklich keine Regelung getroffen wurde.

Änderungsvorschlag § 904 ZPO-E:

Absatz 1: „…. Wenn es sich um Geldleistungen gemäß § 902 Satz 1 Nummer vier 2 bis 7 handelt.

Absatz 3: … auf die Zahl der betroffenen Monate aufzuteilen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für laufende Zahlungen aus Arbeitseinkommen gemäß § 850c ZPO sowie Beamtenpensionen oder Betriebsrenten.

Alternativ Gesetzesbegründung: Für andere monatlich zahlbare Beträge wie Arbeitseinkommen oder Betriebsrenten ist mit der vorliegenden Vorschrift ausdrücklich keine Regelung getroffen worden.

weitere Anmerkungen und Änderungsvorschläge

Ausdrücklich zu begrüßen sind die erfolgten Klarstellungen zur Einrichtung, Führung und Beendigung des P-Kontos in dem verbliebenen § 850k ZPO-E. Damit wird eine ganze Reihe von aktuellen praktischen Umsetzungsproblemen der Praxis beseitigt. Und der Gesetzgeber verzichtet auf die Mitteilungspflichten zu früheren P-Konten sowie auf die bürokratische Vorschrift zum Umzug von P-Konto und Pfändungen aus dem Referentenentwurf.

  • Ebenso grundsätzlich positiv zu bewerten ist die gefundene Regelung bei Pfändung eines Gemeinschaftskontos in § 850l ZPO-E. Hier war bislang allenfalls ein Schutz des Existenzminimums über die Härtefallregelung des § 765a ZPO möglich – in der Regel löste die Pfändung eines Gemeinschaftskontos aber eine unmittelbare wirtschaftliche Krise in den betroffenen Familien aus, wenn Miete und Strom nicht gezahlt werden konnten und Geld für Lebensmittel fehlte. Nach jetziger Regelung erfolgt auf Antrag der Kontoinhaber über einen Zeitraum von zwei Monaten eine Auf- teilung der Guthaben nach Kopfteilen auf Einzelkonten, die als P-Konto geführt werden können. Die Kontoinhaber müssen zumindest zeitnah über die ihnen aus den jeweiligen Gutschriften zustehenden pfändungsfreien Beträge verfügen können. Andernfalls entstünden gefährliche zeitliche Lücken. Maßstab könnte hier die Regelung des § 850k Absatz 2 ZPO-E sein, nach der bei Eingang der Pfändung innerhalb von vier Geschäftstagen das Konto auf Verlangen in ein P-Konto umgewandelt wird und folglich in diesem Zeitraum Guthaben im Rahmen des Freibetrages zur Verfügung stehen muss.

Änderungsvorschlag:

Da die Einkünfte der Kontoinhaber in der Regel zu verschiedenen Zeiten erfolgen, etwa Arbeitseinkommen, Kindergeld, (ergänzende) Sozialleistungen, ist klarzustellen, dass das Verlangen der Aufteilung jederzeit für die einzelnen eingehenden Gutschriften gilt, idealerweise automatisch erfolgt.

  • Der Verzicht auf den noch im Referentenentwurf vorgesehenen und vielfach kritisierten Zwangsvergleich zur Rückführung des bestehenden Dispositionskredites/ Überziehungsbetrages aus unpfändbarem Einkommen in § 901 ZPO-E ist uneingeschränkt zu begrüßen.
    Die nunmehr gefundene Reglung schützt nicht nur Sozialleistungen, sondern alle Einkünfte des Kontoinhabers im Rahmen seines Pfändungsfreibetrages und löst damit einen Großteil der derzeit bestehenden Problemkonstellationen. Damit werden nicht nur existenzbedrohende Situationen verhindert, sondern es wird auch sichergestellt, dass nicht durch staatliche Sozialleistungen infolge eingetretener Not private Schulden beglichen werden.
  • Ersatzbescheinigung – § 905 ZPO-E bei Verwaltungsvollstreckung
    Mit dieser Auffangvorschrift ist sichergestellt, dass das Vollstreckungsgericht den Freibetrag zu bestimmen hat, wenn betroffene Schuldner nicht auf anderem Wege eine Bescheinigung zur Erhöhung des Freibetrages erhalten können.
    Satz 3 der Vorschrift gibt dem Beschluss die Wirkung einer Bescheinigung – mithin einer kontobezogenen Entscheidung. Dennoch ist § 905 ZPO-E – anders als im Falle der Nachzahlungen und der Anordnung der Unpfändbarkeit – nicht in dem Katalog der Vorschriften des § 910 Satz 2 ZPO-E enthalten, der für kontobezogene Entscheidungen die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichtes allein bestimmt. Dadurch ist unklar, ob der betroffene Kontoinhaber in diesen Fällen die Bestim- mung des Freibetrages für jede Pfändung einzeln einholen muss, d. h. beim Vollstreckungsgericht und ggf. der Vollstreckungsstelle eines öffentlichen Gläubigers. Bei der Bescheinigung durch eine der in § 902 ZPO-E genannten Stellen müsste er dies nicht.

Änderungsvorschlag:

Ergänzung des § 910 Satz 2 ZPO-E um die Vorschrift des § 905 ZPO-E

  • Antrag beim Vollstreckungsgericht – § 906 ZPO-E
    Die Aufzählung der Normen in Absatz 2, nach der das Vollstreckungsgericht erhöhte unpfändbare Beträge festsetzen kann, ist nicht vollständig. Hier ist dringend Nachbesserung geboten.
    Die Corona-Pandemie hat deutlich gemacht, dass z. B. staatliche Hilfen, die in einer Krisensituation gezahlt werden, wie z. B. die Corona-Soforthilfen, nicht durch die in § 906  ZPO-E benannten Normen erfasst sind. Die Aufzählung sollte daher um § 851 ZPO erweitert werden, damit nicht übertragbare Forderungen auch auf dem P- Konto entsprechend geschützt werden können.
    Auch Wohngeld als Sozialleistung gemäß § 54 Abs. 3 Nr. 2a SGB I ist von der Aufzählung nicht erfasst. Die sozialpolitische Funktion von Wohngeld ist durch die Entwicklung am Wohnungsmarkt für immer mehr Verbraucher von existenzieller Bedeutung geworden. Warum dann Wohngeld, welches an der Quelle grundsätz- lich nicht pfändbar ist, auf einem P-Konto nicht mehr geschützt werden soll, ist nicht nachvollziehbar.
    Nur durch einen Antrag bei Gericht kann der Schuldner sein Wohngeld sichern und in Folge auch seine Wohnung.

Änderungsvorschlag:

Ergänzung des § 906 ZPO-E um die §§ 851 ZPO und 54 Abs. 3 Nr. 2a SGB I.

  • Nunmehr ist in § 907 ZPO-E die Möglichkeit der Anordnung der Unpfändbarkeit von Kontoguthaben geregelt, wenn der Kontoinhaber für die vergangenen sechs Monate nachweist und für die folgenden zukünftig ebenfalls nur noch sechs Monate glaubhaft macht, dass überwiegend nur unpfändbare Beträge auf das Konto eingehen. Diese Verkürzung der Prognosefrist wird nach Auffassung der AG SBV nicht dazu führen, dass nennenswert mehr solcher Anträge positiv beschieden werden.
    Dazu trägt auch die völlig systemwidrige Regelung in Absatz 2 bei, nach der der Schuldner auf eine wesentliche Veränderung seiner Vermögensverhältnisse unverzüglich hinzuweisen hat – eine für ihn nicht rechtssicher erfüllbare Verpflichtung. Insofern wird auf die hierzu bestehenden Ausführungen in der Stellungnahme zum Referentenentwurf verwiesen.

Änderungsvorschlag:

Der Absatz sollte gestrichen werden.

  • Zuständigkeit der Insolvenzgerichte
    Nach der gegenwärtig geplanten Fassung des § 36 Absatz 1 InsO-E ist die Vor- schrift zur Ersatzbescheinigung der Erhöhungsbeträge (§ 905 ZPO-E) in Satz 2 nicht aufgeführt. Im Insolvenzverfahren tritt das Insolvenzgericht an die Stelle des Vollstreckungsgerichtes, was in der Aufzählung und Bezugnahme des Satzes 2 zum Ausdruck kommt. Damit ergibt sich aber auch, dass die Insolvenzgerichte für die Bestimmung des Freibetrages anders als in der bisherigen Fassung nicht mehr zuständig wären (§ 36 Abs. 4 Satz 1 InsO). Dies ist nicht wirklich schuldnerfreund- lich und sachlich nicht begründet. Insofern wird auch auf die Stellungnahme der Deutschen Kreditwirtschaft zum Regierungsentwurf, S. 11, Bezug genommen.

Änderungsvorschlag:

§ 36 Absatz 1 Satz 2 InsO-E wird ergänzt um § 905 ZPO-E.

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