Vorstellungen zur Umsetzung des „Girokontos für Jedermann“

Nach dem Bericht der Bundesregierung vom 9. Juni 2000 (BT-Drucksache 14/3611) ist offen geblieben, wie die weiter bestehenden Missstände bei der Umsetzung effektiv behoben werden können. Umsetzung bedeutet für uns im einzelnen die Installierung verbrauchergerechter Verfahren im Zusammenhang mit der Kündigung einer bestehenden Girokontoverbindung wie auch mit der Ablehnung einer Neueröffnung eines Kontos.

Die AG SBV hat hierzu folgende Vorstellungen:

      1. Am effektivsten wäre die gesetzliche Normierung eines Girokontos für Jedermann. Hilfsweise sollten aber mindestens unsere Vorschläge 2.-6. umgesetzt werden mit der Bitte an die Bundesregierung (BMF und BMFSFJ), alle zwei Jahre einen Bericht vorzulegen, um die Notwendigkeit gesetzlicher Regelungen in regelmäßigen Abständen prüfen zu können.
      2. Ablehnungen einer Kontoeröffnung bzw. Kontokündigungen müssen schriftlich begründet werden. Außerdem ist der Betroffene hierbei konkret auf Möglichkeiten der weiteren Verfolgung seiner Interessen hinzuweisen (z.B. Beschwerdestelle, Schuldner- und Verbraucherberatung, Möglichkeiten bei Kontopfändung).
      3. Die Verweigerungs-/Kündigungsgründe lassen den Kreditinstituten derzeit einen zu großen Spielraum; die Berechtigung zahlreicher Kontoauflösungen erscheint mehr als fraglich (Beispiele in der ZKA-Empfehlung und in den Bedingungen einzelner Institute für die Führung von Girokonten als Guthabenkonten: „die bezweckte Nutzung des Kontos zur Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr nicht gegeben ist“, „Vereinbarungen … nicht eingehalten werden“, „aus wichtigen Gründen die Fortführung der Geschäftsverbindung nicht zumutbar ist“). Wesentliche Kündigungsgründe sind z.B. Kontopfändungen (besonders Mehrfachpfändungen bei Girokonten solcher privater Personen, bei denen nachweislich nur unpfändbare Beträge eingehen), die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens, angeblicher Leistungsmissbrauch (wozu auch die Rückgabe einer Lastschrift wegen Nichtdeckung gehört), eine schlechte Schufa-Auskunft sowie Probleme beim Ausgleich von Bankgebühren.
      4. Die wesentlichen Regelungen sind auch in die einschlägigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Banken und Sparkassen zu integrieren. Diese AGB stellen einen Teil der rechtlichen Rahmenbedingungen für das Girokontoverhältnis dar.
      5. Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Einrichtung von Schlichtungs- und Beschwerdestellen ist nicht unproblematisch. Anbieterseits eingerichtete Beschwerdestellen bergen nach unserer Ansicht folgende Gefahren:
        • es kann für den Verbraucher der Eindruck entstehen, Entscheidungen seien verbindlich,
        • die Erfahrung mit bestehenden bankinternen Schlichtungsstellen zeigt eine große Intransparenz und überlange Verfahrensdauern,
        • verbrauchernahe Verbände werden regelmäßig nicht einbezogen.

        Diesen Gefahren sollte durch folgende Mindestmaßnahmen vorgebeugt werden:

        • Beschwerden sollten innerhalb einer kurzen Frist bearbeitet und entschieden werden müssen, da die Einrichtung oder Aufrechterhaltung eines Kontos für den Betroffenen existentiell wichtig sein kann,
        • Um einer Parteilichkeit zugunsten des Kreditinstitutes vorzubeugen und um die statistischen Erhebungen kontrollieren zu können, sollte jede eingehende Beschwerde an die AG SBV oder den Bundesverband der Verbraucherzentralen weitergegeben werden, der Stellung nehmen kann, aber nicht muss. Weicht das Votum von der Schlichtungsentscheidung ab, so wird der Verbraucher hierüber in Kenntnis gesetzt.
        • um eine Verbindlichkeit des Verfahrensablaufs herzustellen, ist eine Verfahrensordnung zu verabschieden, die konkret auf die Fälle von Kontoverweigerungen/-kündigungen zugeschnitten sein muss.

      Aus den erwähnten Punkten 2.-5. folgt, dass die ZKA-Empfehlung entsprechend zu überarbeiten ist. Die im Mai 2000 begonnene Gesprächsrunde zwischen ZKA und AG SBV sollte zur Erarbeitung einer beiderseits akzeptablen Formulierung so schnell wie möglich genutzt werden Bei der Neufassung sind die Ablehnungs- und Kündigungsmöglichkeiten präziser zu fassen sowie einzuschränken. Es ist die schriftliche Begründung negativer Entscheidungen vorzusehen und auf die einschlägigen Beschwerdemöglichkeiten zu verweisen. Die neue Empfehlung ist offensiv bekannt zumachen, sowohl intern gegenüber den Mitgliedsinstituten und deren Mitarbeitern als auch gegenüber der Öffentlichkeit.

    1. Zum Bericht der Bundesregierung bleibt noch festzuhalten, dass die vorgelegten statistischen Daten der einzelnen Bankenverbände irreführend sind. Denn – wie auch aus unserem Gespräch mit dem ZKA im Mai 2000 deutlich wurde – können einige Verbände gar nicht danach unterscheiden, ob es sich bei dem eingerichteten Guthabenkonto um ein Jugendkonto, ein Girokonto für überschuldete Haushalte bzw. um ein aus anderen Gründen ohne Überziehungsmöglichkeit eingerichtetes Konto handelt.
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