Stellungnahme zur Änderung der Verbraucherinsolvenzvordrucksordnung zum 1.07.2014

I. Grundsätzliche Anmerkungen

Die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) begrüßt die Einführung neuer Formulare für das Verbraucherinsolvenzverfahren zum 1. Juli 2014.
Selbst bei einer zeitnahen Bekanntmachung der neuen Formulare ist jedoch nicht davon auszugehen, dass die neuen Formulare auch gleichzeitig elektronisch zur Verfügung stehen. In der gemeinnützigen Schuldner- und Insolvenzberatung erfolgt in der Regel die Erstellung der Anträge über die EDV. Um zu gewährleisten, dass diese Anträge nicht vollumfänglich in den ersten Monaten handschriftlich nach- bzw. ausgearbeitet werden müssen, sollte eineÜbergangszeit für die verbindliche Nutzung der neuen Formulare eingeführt werden. DieÜbergangszeit, in der beide Formulare verwandt werden können, sollte nicht länger als drei bis maximal sechs Monate dauern. Verwendet der Schuldner bzw. seine professionellen Berater die alten Vordrucke, so müssen die erforderlichen Erklärungen gemäß § 287 InsO gesondert beigefügt werden.
Die im Jahr 2002 eingeführten Vordrucke im Verbraucherinsolvenzverfahren haben sichgrundsätzlich in der Praxis bewährt. Die AG SBV begrüßt daher, dass die Überarbeitung der Vordrucke, zukünftig Formulare, sich auf das gesetzlich Erforderliche beschränkt.

Im Folgenden nehmen wir zum vorliegenden Entwurf vom 18. März 2014 aus der Sicht der Praxis der Schuldner- und Insolvenzberatung Stellung und zeigen darüber hinaus einige aus unserer Sicht erforderliche Anpassungen auf.

II. Änderungsvorschläge

Im Einzelnen werden für den Formularvordruck folgende Änderungen bzw. Ergänzungen vorgeschlagen:

Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Rn 4

Der Antrag auf Restschuldbefreiung und die abzugebenden Erklärungen zum Restschuldbefreiungsantrag sind aus der Sicht der AG SBV für einen Schuldner nicht leicht nachzuvollziehen und können im Ergebnis zu falsch oder unvollständig ausgefülltem Antrag führen, insbesondere dann, wenn der Antragsteller nicht von einem professionellen Berater unterstützt wird.

II. 1.: Restschuldbefreiungsantrag

Der Antrag auf Restschuldbefreiung, d. h. der Regelfall, steht gleichrangig neben dem Antragsverzicht. Um den Antrag auf Restschuldbefreiung in seiner Bedeutung stärker hervorzuheben, sollte diese Antragsmöglichkeit auch optisch stärker betont werden.

Änderungsvorschlag:

Das Kästchen des Antrages auf Restschuldbefreiung optisch stärker umranden. Wir haben ein entsprechendes Beispiel in der Anlage beigefügt.

II. 2.: Erklärung zum Restschuldbefreiungsantrag

Die erforderlichen Erklärungen und unterschiedlichen Fallgestaltungen sind aus unserer Sicht für den Antragsteller nicht eindeutig und verständlich genug. So ist es für den juristischen Laien ggf. missverständlich, dass er bei der unter b) abgegebenen Erklärung nur bei der Variante Versagung unter c) weitere Erklärungen abgeben muss. Die Erklärungen unter c) sind in der Sprache nur von einem rechtskundigen Antragsteller oder mit rechtskundiger Unterstützung nachvollziehbar. Gleichwohl können wir aufgrund der Kürze der Beantwortungszeit hierzu keine auf einfacher Sprache basierenden Verbesserungsvorschläge unterbreiten.Unsere Änderungsvorschläge konzentrieren sich daher ausschließlich auf die Gestaltung der Erklärung.

Änderungsvorschlag:

1. Variante (siehe Anlage 1 der Stellungnahme):

Die drei möglichen Erklärungen werden optisch zusammengefasst, so dass sie für den Schuldner eindeutig als Varianten zu erkennen sind. Die zusätzliche Erklärung bei erfolgter Versagung in der Vergangenheit ist optisch entsprechend eingerückt und auf einem Blatt zusammengefasst. Durch die neue Gestaltung ist eine zusammenfassende optische Darstellung auf der ersten Seite möglich. Die zweite Seite ist dann ausschließlich den Anlagen, den Hinweisen und der Versicherung.

2. Variante (siehe Anlage 2 der Stellungnahme):

Es ist davon auszugehen, dass nur bei einem kleinen Anteil an Schuldnern in einem ersten Insolvenzverfahren bereits die Restschuldbefreiung versagt worden ist. Davon ausgehend, dass die zusätzlichen Erklärungen die absolute Ausnahme sein werden, ist zu überlegen, obim Sinne von Übersichtlichkeit und Verständlichkeit diese nicht im Rahmen einer gesonderten Anlage (z. B. 1A) erklärt werden können. Dies hätte den Vorteil, dass der Punkt II. 2. übersichtlicher wird und auch die Anlagen auf der ersten Seite abgebildet werden können.

Anlage 1: Personalbogen Rn 12 und Rn 13

Rn 12: Beteiligung am Erwerbsleben:

Um die Überschaubarkeit der Vermögensverhältnisse nach § 304 Abs 2 InsO zu verdeutlichen, um die Entscheidung über die Verfahrensart zu erleichtern, soll der Schuldner zukünftig die Anzahl der ehemals beschäftigten Arbeitnehmer angeben.
Aus der Sicht der AG SBV ist aus der Anzahl der ehemals beschäftigten Arbeitnehmer nicht zu entnehmen, dass die Vermögensverhältnisse nicht überschaubar sind. So kann z. B. daraus nicht a priori der Schluss gezogen werden, dass Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen oder generell, dass mit diesem Kriterium eine Unübersichtlichkeit automatisch gegeben ist.

Gemäß § 304 InsO sind die Vermögensverhältnisse überschaubar, wenn der Schuldner weniger als 20 Gläubiger hat und gegen ihn keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen vorliegen. Wenn in diesem Rahmen eine Prüfung der Überschaubarkeit der Vermögensverhältnisse vorgenommen werden soll, dann sind die beiden genannten Tatbestände abzufragen und nicht der Umweg über die Anzahl der Arbeitnehmer zu nehmen, der keine klare Aussage über die Überschaubarkeit der Vermögensverhältnisse ermöglicht. Darüber hinaus ist nicht erkennbar, auf welchen Zeitraum sich die Frage bezieht. Soll er hier die Anzahl der Arbeitnehmer in den letzten Monaten vor Antragstellung oder die durchschnittliche Anzahl der Arbeitnehmer seit Aufnahme der selbständigen Tätigkeit(en) angeben. Die Anzahl der Arbeitnehmer, sofern der Schuldner sie benennen kann, sagt nichts darüber aus, wie lange und in welchem Umfang die Arbeitnehmer bei ihm beschäftigt gewesen sind , ob es nur Aushilfen waren etc.

An diesen Beispielen kann man erkennen, dass die Abfrage beim Schuldner eher zur Verwirrung führt und dem Gericht bei der Entscheidung über die Überschaubarkeit nicht wirklich behilflich ist.

Änderungsvorschlag zu Rn 12:

Die Abfrage nach der Anzahl der ehemals beschäftigten Arbeitnehmer ist zu streichen. Wenn eine Ergänzung an dieser Stelle für die Gerichte unabdingbar erscheint, dann ist sie entsprechend dem § 304 InsO zu konkretisieren hinsichtlich der Existenz von Forderungen aus Arbeitsverhältnissen (ersichtlich in Anlage 6!) und der Anzahl der Gläubiger (ersichtlich aus Anlage 7!).

Rn 13: Verfahrensbevollmächtige(r)

Hier sind – außer der Randziffer – keine Änderungen vorgenommen worden. Die AG SBV wünscht sich hier die Streichung der Wahlmöglichkeit zwischen der Verfahrensbevollmächtigung „für das Verfahren insgesamt“ und „nur für das Schuldenbereinigungsplanverfahren“. Ab dem 1. Juli 2014 dürfen anerkannte Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen den Schuldner im gesamten Verfahren vertreten. Ob der Schuldner im gesamten Verfahren, nur im Schuldenbereinigungsplanverfahren, nur im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens oder nur im Insolvenzverfahren und nicht im Restschuldbefreiungsverfahren vertreten wird, entscheiden der Schuldner und der Verfahrensbevollmächtige. Der Umfang der Vertretung wird durch die jeweilige Vollmacht bestimmt, die auch dem Gericht vorzulegen ist, wenn die Vertretung bereits zu diesem Zeitpunkt festgelegt wird.

Die im Formular vorgegebenen Wahlmöglichkeiten zeigen nur zwei von weiteren Vertretungsvarianten auf. Aufgrund der Vorgaben im Formular kann sowohl beim Schuldner, als auch beim Verfahrensbevollmächtigten der Eindruck entstehen, dass es nur diese beiden Vertretungsformen gibt. Dieser Eindruck sollte im Sinne der Akzeptanz der Übernahme von Vertretungen vor Gericht durch die geeignete Stelle vermieden werden.

Bei Übernahme einer – wie auch immer gearteten – Verfahrensbevollmächtigung ist dem Gericht stets eine Vollmacht beizufügen bzw. nachzureichen. Eine darüber hinaus gehende Abfrage des Umfangs der Verfahrensbevollmächtigung ist aus unserer Sicht daher nicht erforderlich.

Änderungsvorschlag zu Rn 13:

Streichung der Wahlmöglichkeit „für das Verfahren insgesamt“ und „nur für das Schuldenbereinigungsplanverfahren“.

Anlage 3: Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO Rn 20

Die AG SBV schlägt vor, dass die Reihenfolge dahin gehend geändert wird, dass zunächst der Schuldner die Abtretung seiner pfändbaren Forderungen usw. für den Zeitraum von sechs Jahren erklärt und die Erläuterungen der Abtretungserklärung nachfolgen. Die Erläuterungen bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit sollten deutlicher herausgestellt werden. Dies kann durch einen gesonderten Punkt III. erfolgen.

Da die Anlage auch „Abtretungserklärung“ benannt ist, ist aus unserer Sicht auch die Erklärung als erstes zu benennen. Erläuterungen folgen in der Regel einer Erklärung nach und sind nicht vorangestellt. Durch diese Umkehrung wird aus unserer Sicht der Erklärung nicht nur optisch mehr Bedeutung zugemessen.

Einen III. Punkt für die Aufnahme bei selbständiger Tätigkeit zu schaffen, verdeutlicht dem Schuldner, dass er in diesem Fall selbst für die Zahlungen an den Treuhänder verantwortlich ist. In der gegenwärtigen Form geht dieser Aspekt – da er ansatzlos den Erläuterungen folgt – etwas unter. Wir regen an, auch in den Hinweisblättern noch weitergehende Erläuterungen zum Aspekt der Behandlung der selbständigen Tätigkeit zu machen. Wir stellen fest, dass die Erläuterungen zu § 295 Abs. 2 InsO von den Schuldnern nicht verstanden werden.

Mit der Hervorhebung der Erläuterungen bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ist diese Anlage auch für ein Restschuldbefreiungsverfahren bei natürlichen Personen im Rahmen des Regelinsolvenzverfahrens übertragbar.

Änderungsvorschlag zur Anlage 3, insbesondere zu Rn 20:

siehe Anlage 3 der Stellungnahme.

Anlage 4: Vermögensübersicht Rn 22

Unter Rn 22 Punkt 1.1 wird das Bargeld zum Zeitpunkt der Antragstellung erfasst. Hier sind die Sicherungsrechte Dritter an dem Bargeld anzugeben. Aus der Sicht der AG SBV gibt es bei Bargeld keine Sicherungsrechte. Bei der Überarbeitung der Formulare besteht die Gelegenheit, das Feld Sicherungsrechte beim Bargeld zu streichen bzw. zu schwärzen, um deutlich zu machen, dass hier nichts auszufüllen ist.

Ergänzungsblatt 5 B: Erklärung zu unpfändbaren Gegenständen Rn 3

Hier hat der Schuldner die Möglichkeit, zu unpfändbaren Gegenständen eine Erklärung abzugeben. Die Erklärungsmöglichkeit bezieht sich bislang ausschließlich auf Gegenstände, die zur Fortsetzung der Erwerbstätigkeit benötigt werden. Die AG SBV schlägt vor, die Erklärungsmöglichkeit dahingehend zu ergänzen, wenn der Gegenstand benötigt wird, weil der Schuldner schwerbehindert ist oder einen Schwerbehinderten unterstützt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH vom 19.03.2004; IXa-ZB-321/03 und BGH vom 16.06.2011; VII-ZB-12/0) sind Fahrzeuge, die im Eigentum des Schuldners sind, auch dann vor Pfändung geschützt, wenn der Schuldner schwerbehindert ist oder einen Schwerbehinderten unterstützt. Der Hinweis auf die Erforderlichkeit aufgrund einer Schwerbehinderung sollte dem Schuldner die Gelegenheit geben, hier einen entsprechenden Sachvortrag leisten zu können.

Änderungsvorschlag zu Rn 35:

Nach dem Teilsatz „…zur Fortsetzung der Erwerbstätigkeit benötigt“ sollte vor „benötigt“ folgender Satzteil einfügt werden: „oder aufgrund einer Schwerbehinderung oder zur Unterstützung einer nahestehenden schwerbehinderten Person“

Ergänzungsblatt 5 C Forderungen – sonstige Zahlungsansprüche Rn 39

Die Überschrift zu 1.4 sollte dahingehend ergänzt werden, dass auch die Mietkaution mit in die Aufzählung aufgenommen wird.
Den Hinweisen ist zu entnehmen, dass unter die sonstigen Zahlungsansprüche auch die Mietkaution fällt. Aus dem Formular heraus ist dies nicht zu erkennen. Zur Verdeutlichung und da nicht jeder Schuldner die Hinweise vollständig liest, sollte die Ergänzung vorgenommen werden, damit der Schuldner diese wichtige Angabe auch nicht vergisst.

Änderungsvorschlag zu 5 c – Rn 39

Die Überschrift über Punkt 1.4 des Ergänzungsblattes 5 C sollte wie folgt geändert werden: Sonstige Zahlungsansprüche, z. B. aus Mietkaution, Schadensfällen oder aus nicht erfüllten Verträgen

Ergänzungsblatt 5 E – Beteiligungen an Genossenschaften Rn 47

Unter 4. „Beteiligungen an Genossenschaften“ des Ergänzungsblattes 5 E sind einzelne Beispiele in der Klammer erfasst, die hierunter fallen. Aus der Sicht der Schuldnerberatung fehlt hier der Hinweis auf die Wohnungsgenossenschaften. Die Hinzunahme der Wohnungsgenossenschaften dient der Klarheit und vermeidet, dass der Schuldner vergisst, eventuelle Anteile anzugeben.

Änderungsvorschlag zu Rn 47

In der Klammer wird nach Anteile von… das Wort Wohnungsgenossenschaften eingefügt.

Ergänzungsblatt 5 G – Laufendes Einkommen Rn 50

Beim Ergänzungsblatt 5 G regt die AG SBV Änderungen an. Dieses Ergänzungsblatt erweist sich bei der Ausfüllung der in Rn 50 unter den Punkten 1. – 7. aufzuführenden Gehalt und seiner jeweiligen Bestandteile in der Praxis der Schuldner- und Insolvenzberatung als äußerst schwierig.

Der Schuldner hat hier jeweils den Abzweigungsbetrag bei Pfändung oder Abtretung und auch den Auszahlungsbetrag anzugeben. Dies muss er nicht nur für das Arbeitseinkommen an sich, sondern darüber hinaus auch für die unter Nr. 2 – 7. genannten Gehaltsbestandteile oder Sondereinkommen gleichfalls ausrechnen und benennen. Dies ist in vielen Fällen gar nicht möglich und daher sollte auf Angabe eines Abzweigungsbetrages und Auszahlungsbetrages für die unter Nr. 2 – 7 verzichtet werden.

Der beim Arbeitseinkommen zu benennende Abzweigungsbetrag beinhaltet ja bereits den gesamten Betrag. Eine Unterteilung des Abzweigungsbetrages in seine Anteile auf die Zulagen, Vermögenswirksame Leistungen (sind in der Regel nicht pfändbar!), dem Weihnachts-, Urlaubsgeld oder sonstigen Vergütungsformen ist nicht möglich. Damit der Schuldner für die unter 2. bis 7. benannten Bestandteile des Arbeitseinkommens einzelne Abzweigungsbeträge benennen kann, müsste er eine Pfändungsberechnung simulieren und darin beschreiben, wie die Pfändbarkeit ohne das jeweilige zusätzliche Arbeitseinkommen, z. B. Zulagen, aussehen würde, um dann den Differenzbetrag zu ermitteln. Dies ist ohne PC-Programme schlicht nicht möglich. Daher wird in der Regel auch bei den Anträgen darauf hingewiesen, dass die Höhe nicht bekannt ist. Damit ergibt die gesonderte Anforderung auch für die Nummern 2 bis 7 die Abzweigungs- und Auszahlungsbeträge zu benennen, die dann gleichfalls gesondert zu berechnen sind, keinen Sinn.

Für den Antrag ist es aus unserer Sicht nur sinnvoll, dass der Schuldner mitteilt, ob er die entsprechenden Leistungen erhält oder nicht. Durch die Abgabe von zwei Gehaltsabrechnungen ist hier gewährleistet, dass das Gericht die erforderlichen Informationen erhält und bei Bedarf aus den beigefügten Gehaltsbescheinigungen die Bruttobeträge der jeweiligen zusätzlichen Leistungen erkennen kann.

Änderungsvorschlag zu Ergänzungsblatt 5 G Rn 50

Die Spalten Abzweigungsbetrag und Auszahlungsbetrag sind ab Nr. 2 bis Nr. 7 zu schraffieren (siehe Anlage 4)

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