Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung, des Kreditwesengesetzes und anderer Gesetze vom 16. September 2004

Zusammenfassung

Der Referentenentwurf zur Änderung der Insolvenzordnung, des Kreditwesengesetzes und anderer Gesetze vom 16.9.2004 sieht zum Teil grundlegende Änderungen für die außergerichtliche Schuldenbereinigung, das Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren, die Sicherung der Altersvorsorge und das Kontopfändungsrecht vor, die die Arbeit der Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen nachhaltig beeinflussen werden.

Einige Änderungsvorschläge, wie der Vorstoß für einen effizienteren Kontopfändungsschutz, sind ausdrücklich zu begrüßen. Andere Neuerungen, wie die Versagung der Restschuldbefreiung von Amts wegen und das Antragsrecht der Treuhänder, sind hingegen kritisch zu würdigen. Zusammenfassend lässt sich Folgendes festhalten:

  • Der Verzicht auf die Durchführung eines außergerichtlichen Einigungsversuchs bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit ist zu begrüßen. Die Definition von Aussichtslosigkeit sollte jedoch auf „echte Nullfälle“ begrenzt werden, um das außergerichtliche Einigungsverfahren nicht unnötig zu schwächen.
  • Die Zusammenführung des außergerichtlichen mit dem gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahren wird ebenfalls grundsätzlich begrüßt. Die Vorschläge reichen jedoch nicht aus, um die gewünschte Stärkung der gütlichen Schulden- bereinigung zu erreichen. So schwächt z.B. der Umstand, dass die in den Plan nicht einbezogenen Gläubiger von seiner Wirkung nicht erfasst sind, das außergerichtliche Einigungsverfahren. Der Diskussionsentwurf vom April 2003 sah zur Lösung dieses Problems hingegen einen geeigneten Vorschlag vor.
  • Im Zusammenhang mit der Neugestaltung des außergerichtlichen Einigungsverfahrens und der Zustimmungsersetzung fällt auf, dass die Justizentlastung teilweise auf Kosten einer Belastung der anerkannten Stellen vollzogen wird, die nunmehr Aufgaben zu übernehmen haben, die ursprünglich von der Justiz zu leisten waren. Genau so wenig wie von der Justiz erwartet werden kann, dass sie mit unnötigen administrativen Aufgaben belastet wird, denen kein ökonomischer Erfolg gegenüber steht, kann auch nicht von den anerkannten Stellen erwartet werden, dass sie ohne zusätzliche finanzielle Unterstützung neue Aufgaben übernehmen. Dieses Problem ist insbesondere für Stellen in den Bundesländern virulent, die die Förderung der Insolvenzberatung bereits gestrichen oder erheblich gekürzt haben.
  • Die Abgrenzung zwischen Verbraucher- und Regelinsolvenzverfahren geht in die richtige Richtung. Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist allerdings nicht der geeignete Ort für Inhaber/Geschäftsführer von größeren Unternehmen, deren Betrieb erst unmittelbar vor Insolvenzeröffnung eingestellt wurde. Das Verbraucherinsolvenzverfahren sollte nur für solche ehemals Selbständige wieder geöffnet werden, die ihren Betrieb bereits einen gewissen Zeitraum vor ihrem Eröffnungsantrag eingestellt haben.
  • Abgelehnt wird hingegen die Befugnis des Treuhänders, die Versagung der Restschuldbefreiung beantragen zu können, sowie die Amtsermittlungspflicht der Insolvenzgerichte. Damit wird das bisherige System, das sich insgesamt bewährt hat, wegen einzelner Ausreißer-Fälle, die auch mit dem neuen Vorschlag nicht zu verhindern sind, aufgegeben und zum Nachteil aller, d.h. auch der redlichen Schuldner umgestaltet. Dabei reichen die Neuerungen zur Aufhebung der Kostenstundung bereits aus, um das gesetzgeberisch gewünschte Ziel zu erreichen, die Restschuldbefreiung nur den redlichen Schuldnern zukommen zu lassen.
  • Die Reform des Kontopfändungsschutzes wird begrüßt. Die neuen Regelungen ermöglichen einen effizienteren Schutz des Existenzminimums und die weitere Teilhabe am bargeldlosen Zahlungsverkehr. Die in diesem Zusammenhang an die geeigneten Stellen übertragene Aufgabe ist allerdings nur bei gleichzeitigem finanziellem Ausgleich erfüllbar.

Um das Verbraucherinsolvenzverfahren weiter zu verbessern, sollte die Chance für weitere notwendige Änderungen genutzt werden. Diese betreffen z.B. die Einführung eines Vollstreckungsmoratoriums im außergerichtlichen Einigungsverfahren oder Regelungen, die ein obstruktives Gläubigerverhalten sachgerecht sanktionieren. Auch könnte überlegt werden, die Kosten eines erfolgreichen Zustimmungsersetzungsverfahrens den Gläubigern aufzuerlegen, die ohne sachlichen Grund die außergerichtliche Einigung blockiert haben. Weitere Vorschläge sind der Stellungnahme der AG SBV zum Diskussionsentwurf vom April 2003 zu entnehmen, die dieser Stellungnahme in Kopie vorsorglich beigefügt ist.

1 Änderungen des Verbraucherinsolvenzverfahrens

1.1 Zuordnung ehemals Selbständiger zum Verbraucherinsolvenzverfahren (Nr. 35)

Der Referentenentwurf sieht vor, dass natürliche Personen, sofern sie zum Zeitpunkt der Antragstellung keine selbständige Tätigkeit ausüben, ohne Ausnahme dem Verbraucher- insolvenzverfahren zuzuordnen sind (§ 304 InsO). Ehemals Selbständige unterfallen somit wieder uneingeschränkt dem Verbraucherinsolvenzverfahren.

Die neue Abgrenzung bedeutet zugleich, dass Schuldner mit so genannten Mischtätigkeiten,
d.h. die Selbständigkeit (z.B. ein Minijob) stellt nur eine Ergänzung zur abhängigen Beschäftigung dar, ein Regelinsolvenzverfahren durchzuführen hätten. Der Entwurf sieht leider keine eigenständige Regelung oder Klarstellung für Mischtätigkeiten vor, obwohl diese angesichts der Arbeitsmarktlage zunehmen und der Staat sie im Rahmen des SGB III (Überbrückungsgeld, Ich-AG) auch fördert.1 Die Trennung in selbständig Tätige und natürliche Personen, die zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht bzw. nicht mehr selbständig tätig sind, wird einer ausdifferenzierten Situation am Arbeitsmarkt nicht gerecht.

In 2003 haben 21.692 ehemals selbständig Tätige ein Regelinsolvenzverfahren beantragt.2 Dies entsprach einem Anteil von 39,22% aller Insolvenzverfahren natürlicher Personen (Regel- und Verbraucherinsolvenz), die zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht bzw. nicht mehr selbständig tätig gewesen sind. Die ehemals Selbständigen sind nun wieder verpflichtet, geeignete Personen und Stellen aufzusuchen, was zu einer erheblichen Verschärfung der Nachfragesituation führen wird. Die aktuelle Situation der anerkannten Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen ist schon jetzt durch erhebliche Wartezeiten, Streichung finanzieller Mittel für die Insolvenzberatung3, Stellenkürzungen als Folge der Mittelstreichung und durch eine chronische personelle Unterdeckung gekennzeichnet.

Auch unter Berücksichtigung einer potenziellen Entlastung der Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen durch die Möglichkeit, bei Aussichtlosigkeit einer außergericht- lichen Einigung sofort eine Bescheinigung ausstellen zu können (siehe auch Punkt 1.2), werden sich durch die beabsichtigte Öffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens für alle ehemaligen Selbständigen die Wartezeiten für Ratsuchende auf unabsehbare Zeiträume verlängern, wenn der Stellenschlüssel der Beratungsstellen nicht ausgedehnt werden kann. Diese Situation führt die Ratsuchenden in die Arme von kommerziellen und unseriösen Schuldenregulierern.

Mit dieser Neuregelung werden die Gerichte einseitig entlastet, dafür aber die Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen einseitig belastet.

Änderungsvorschlag

Der Zuordnungsvorschlag im Referentenentwurf scheint auf den ersten Blick die gewünschte klare Trennlinie zwischen Regelinsolvenz und Verbraucherinsolvenz mit sich zu bringen. Allerdings bereiten in der Praxis Mischtätigkeiten und Selbständigkeiten, die erst kurz vor dem Insolvenzantrag aufgegeben wurden, Probleme. Daher sollte von einem starren Abgrenzungskriterium abgesehen werden. Wünschenswert wäre daher zunächst, dass nur solche ehemals Selbständigen in das Verbraucherinsolvenzverfahren gelangen, die ihren Betrieb schon eine gewisse Zeit vor Antragstellung eingestellt haben. Alternativ – auch um die Probleme von Mischtätigkeiten angemessen lösen zu können – sollte dem Gericht das Ermessen eingeräumt werden, im Einzelfall die jeweils sachgerechte Verfahrenszuordnung selbst veranlassen zu können. Dann wäre gewährleistet, dass sich sowohl im Verbraucherinsolvenzverfahren als auch im Regelinsolvenzverfahren nur solche Fälle befinden, die auch sachlich in diese Verfahren gehören.

1.2 Eröffnungsantrag des Schuldners (Nr. 36)

1.2.1 Vorlage des Schuldenbereinigungsplans – § 305 Abs. 1 Nr. 4

Fügt der Schuldner dem Eröffnungsantrag die Erklärung bei, dass Zustimmungsersetzung nicht beantragt werden soll, erübrigt sich die Vorlage des Schuldenbereinigungsplans. Dies gilt insbesondere bei Vorlage einer Bescheinigung nach § 305 Abs. 1 Nr. 1, dass eine außergerichtliche Einigung offensichtlich aussichtslos war. Aber auch wenn der Schuldner dem Eröffnungsantrag eine Bescheinigung über den erfolglosen Versuch einer außergerichtlichen Einigung beifügt, ist die Vorlage des Schuldenbereinigungsplans gegenstandslos, wenn gleichzeitig erklärt wird, dass Zustimmungsersetzung nicht beantragt werden soll. In beiden Konstellationen hat sich das Gericht nicht mit dem Schuldenbereinigungsplan zu befassen, sondern muss das Verfahren über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufnehmen.

Änderungsvorschlag

Die in § 305 Abs. 1 Nr. 4 gewählte Formulierung: „Absatz 1 Nr. 1 bleibt unberührt“ ist wegen mangelnder Klarheit zu ersetzen durch den Satz: „Erklärt der Schuldner in § 305 Abs. 1 Nr. 5, dass Zustimmungsersetzung nicht beantragt wird, muss der Schuldenbereinigungsplan nicht vorgelegt werden.“

1.2.2 Sicherheiten im Schuldenbereinigungsplan – § 305 Abs. 1 Nr. 4

§ 305 Abs. 1 Nr. 4 sieht vor, dass in den Schuldenbereinigungsplan aufzunehmen ist, ob und inwieweit Sicherheiten vom Plan berührt werden sollen. Diese Vorgabe muss zukünftig bereits in dem beim außergerichtlichen Einigungsversuch verwendeten Schuldenbereinigungsplan verpflichtend berücksichtigt werden. Dem Schuldner sind die Sicherheiten der Gläubiger jedoch häufig nicht bekannt. Dies führt immer wieder dazu, dass Sicherheiten nicht bewertet und angemessen in den Plänen berücksichtigt werden können.

Änderungsvorschlag

§ 305 Abs 2 Satz 2 soll wie folgt ergänzt werden: „…unter Nennung und Nachweis bestehen- der Sicherheiten anzugeben“.

1.3 Aussichtslosigkeit des außergerichtlichen Einigungsversuchs (Nr. 36)

Die Neukonzeption des außergerichtlichen Einigungsversuchs sieht vor, dass eine Durchführung bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit nicht mehr erforderlich ist.

Aussichtslosigkeit ist dann anzunehmen, wenn die Gläubiger voraussichtlich nicht mehr als 5% ihrer Forderungen erhalten würden oder der Schuldner mehr als 20 Gläubiger hat. Die von der geeigneten Stelle oder Person bescheinigte Aussichtslosigkeit steht unter dem Überprüfungsvorbehalt des Gerichts.

Das erklärte Ziel des Referentenentwurfs ist es, den außergerichtlichen Einigungsversuch zu stärken. Die „positiven Ansätze, die beim außergerichtlichen Verfahren zu verzeichnen sind, sollen noch intensiviert werden“, so ist der Begründung zu entnehmen. Daher soll die Verpflichtung zur Durchführung eines außergerichtlichen Einigungsversuchs grundsätzlich aufrechterhalten werden. Diese Zielsetzung begrüßt die AG SBV ausdrücklich.

Die Gesamtzahl der von den Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen durchgeführten außergerichtlichen Einigungsverfahren hat sich allein zwischen 2001 und 2003 nahezu verdoppelt.4 Der Anteil der erfolgreich abgeschlossenen Einigungsverfahren ist zwar im Durchschnitt zurückgegangen, dennoch konnte die Zahl der erfolgreichen außergerichtlichen Einigungen um mehr als 20% gesteigert werden.5 Dies macht deutlich, dass durch die intensive Beratung der Schuldner und ihre Begleitung im außergerichtlichen Verfahren durch die Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen allein in 2003 in über 6.000 Fällen gerichtliche Verfahren vermieden werden konnten. Eine weitere Steigerung der erfolgreich abgeschlossenen außergerichtlichen Einigungsversuche ist bei stagnierenden bzw. rückläufigen Insolvenzberaterstellen6 nicht möglich. Darüber hinaus wuchs die Anzahl der Schuldner, die keine Mittel zur Schuldentilgung anbieten können. Hier sind, wenn nicht von dritter Seite (Fonds, Verwandte, Bekannte) zusätzliche Mittel zur Verfügung stehen, keine Einigungen möglich.

Das vorgeschaltete obligatorische Schuldenbereinigungsverfahren hat neben der zentralen Zielsetzung einer einvernehmlichen Einigung zwischen Schuldner und Gläubiger auch das Ziel, die persönliche und wirtschaftliche Situation des Schuldners zu ordnen, zu strukturieren, zu sichern und somit entsprechend den gerichtlichen Anforderungen vorzubereiten, um Gerichte und Treuhänder zu entlasten. Auch in den Fällen, in denen keine Einigung erzielt werden kann, z.B. mangels Zahlungsfähigkeit des Schuldners oder mangels Vergleichsbereitschaft der Gläubiger, dient die Betreuung im Rahmen des außergerichtlichen Einigungsversuchs der Stabilisierung der persönlichen Situation des Schuldners. Sie trägt darüber hinaus zur notwendigen vorgerichtlichen Sachaufklärung und damit zur Entlastung der Gerichte bei.7 Auf der anderen Seite bindet bislang die verpflichtende Durchführung eines offensichtlich aussichtslosen Einigungsverfahrens zeitliche Ressourcen der Beratungsstellen. Daher ist grundsätzlich zu begrüßen, dass bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit vom Zwang zur Durchführung eines Einigungsversuchs abgesehen werden kann.

Die „5%-Klausel“ erscheint nicht dazu geeignet, ein Abgrenzungsmerkmal zwischen potenziell erfolgreichen und offensichtlich nicht erfolgreichen Einigungsversuchen zu schaffen. In der Praxis der Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen sind hinreichend Fälle bekannt, in denen gerade bei sehr schlechter wirtschaftlicher Situation des Schuldners Vergleiche oder Schuldenbereinigungspläne z.B. schon mit geringen Einmalzahlungen zustande gekommen sind.

Es empfiehlt sich daher, die Aussichtslosigkeit auf die klassischen „Nullfälle“ zu beschränken. Aussichtslosigkeit wäre dann anzunehmen, wenn aufgrund von Unterhaltsverpflichtungen oder der familiären, beruflichen und sozialen Situation oder sonstiger in der Person des Schuldners liegender Gründe für den Verfahrenszeitraum kein pfändbares Einkommen und Vermögen zu erwarten ist. Diese könnte entsprechend bescheinigt und die Bescheinigung mit der notwendigen Begründung versehen werden.

Die Anzahl der Gläubiger als zweites Kriterium für die Bestimmung der Aussichtslosigkeit erscheint insofern sachgerecht, als es den Erfahrungen der Beratungsstellen entspricht, dass eine Einigung bei einer größeren Gläubigeranzahl nur in Ausnahmefällen erzielbar ist.

Die vorgesehene Überprüfung der Bescheinigung der Aussichtslosigkeit durch die Gerichte ist als nicht sachgerecht anzusehen.8 Eine qualifizierte Bescheinigung der geeigneten Stellen und Personen, in der – wie oben skizziert – die Gründe für die Aussichtslosigkeit dargelegt werden, ist als ausreichend anzusehen. Eine erneute Prüfung durch das Gericht würde lediglich zu einer erheblichen Mehrbelastung der Gerichte führen.

Änderungsvorschlag

„…; offensichtlich aussichtslos ist eine Einigung, wenn der Schuldner bei Aufnahme der Verhandlung über die außergerichtliche Schuldenbereinigung ohne verwertbares Vermögen und pfändbares Einkommen ist und keine konkreten Erwartungen bestehen, dass er in Zukunft wieder Einkommen in pfändbarer Höhe erzielen wird. Offensichtlich aussichtslos ist eine Einigung auch, wenn der Schuldner mehr als 20 Gläubiger hat;…“

1.4 Vertretungsbefugnis geeigneter Stellen und Personen (Nr. 36 c)

Die Befugnis der geeigneten Stellen zur Vertretung vor dem Insolvenzgericht wird begrüßt. Tatsächlich entspricht dies bereits der Praxis an vielen Insolvenzgerichten. Zu bedenken ist jedoch, dass allen zur Vertretung im gerichtlichen Verfahren berechtigten Personen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. Die Bedeutung und Notwendigkeit eines solchen Rechts ist z.B. hinsichtlich des Rechtsanwalts unbestritten. Es erscheint sachgerecht, dies auch für die geeigneten Stellen vorzusehen.

1.5 Neugestaltung des Schuldenbereinigungs- und Zustimmungs- ersetzungsverfahrens (Nr. 37-41)

Aus Sicht der Schuldner- und Insolvenzberatung sollten bei der Neugestaltung des Schuldenbereinigungs- und des Zustimmungsersetzungsverfahrens weitere Änderungen und Ergänzungen vorgenommen werden:

1.5.1 Formale Anforderungen an die Zustimmungsersetzung (Nr. 37)

Nach dem neu vorgeschlagenen § 305a Abs. 2 S. 2 InsO sind dem Antrag auf Zustimmungs- ersetzung u.a. die eingegangenen Stellungnahmen der Gläubiger beizufügen. Die Reaktionen der Gläubiger können dem Insolvenzgericht auch auf andere Weise nachgewiesen werden, die verfahrensökonomischer ist, weil sie die Gerichte vor zusätzlichen Unterlagen bewahrt und zugleich den Arbeits- und Kostenaufwand für die anerkannten Stellen begrenzt. Hierzu bedarf es lediglich einer Erweiterung des jetzigen Gläubiger- und Forderungsverzeichnisses (Anlage 6 des Antragsvordrucks) um eine Rubrik, die die Gläubigerreaktionen abfragt. Erst wenn ein Gläubiger die Zulässigkeit des Zustimmungsersetzungsantrages bestreitet, wären über den Antragsvordruck hinausgehende Nachweise beizubringen.

Neben der Anpassung des Gläubiger- und Forderungsverzeichnisses wäre auch eine Befreiung der Anlagen 7 und 7B von der Vordrucksverordnung angezeigt. Nur dann wäre gewährleistet, dass das neue Schuldenbereinigungsplanverfahren nicht schon deshalb in der Praxis scheitert, weil es wegen zu starker Formalisierung von den Verfahrensbeteiligten gemieden wird. Nach dem jetzigen Vorschlag muss dem Antrag auf Zustimmungsersetzung der Schuldenbereinigungsplan in der Form beigefügt sein, wie er „allen darin genannten Gläubigern in der dem Gericht vorliegenden Fassung übersandt wurde“. Der bislang dem Gericht übersandte Schuldenbereinigungsplan umfasst die Anlagen 7, 7A und 7B. Nur Anlage 7A ist formfrei, da der Grundsatz der Privatautonomie auch höchstmögliche Flexibilität bei der Gestaltung des außergerichtlichen Zahlungsplans erfordert. Um diese Flexibilität nicht noch weiter einzuschränken und um das Ziel möglichst vieler frei ausgehandelter bzw. mittels Zustimmungsersetzung zustande gekommener Vergleiche zu erreichen, sollte das Gesetzgebungsverfahren noch dazu genutzt werden, auch die Anlagen 7 und 7B für formfrei zu erklären. Für die Zulässigkeit des Zustimmungsersetzungsverfahrens muss nur gewährleistet sein, dass allen Gläubigern derselbe Regelungsvorschlag unterbreitet worden ist, wie er dann auch dem Gericht vorliegt.

Um den Formalismus nicht auf die Spitze zu treiben, ist noch der Begründungstext zu Nr. 37 insoweit abzuändern, als er momentan noch die Gläubiger dazu ermuntert, weitere Unterlagen anzufordern und insbesondere auf die Zusendung des Vermögensverzeichnisses (Anlage 5 mit den Ergänzungsblättern A bis K) zu bestehen.9 Unterbindet der Referentenentwurf mit dem neu gefassten § 305 Abs. 3 InsO zu Recht die Praxis mancher Insolvenzgerichte, über den Antragsvordruck hinausgehende Unterlagen anzufordern, sollte er dann auch bei den Gläubigern dieselbe Konsequenz beibehalten und davon absehen, dass Gläubiger immer weiter Unterlagen nachfordern können. Ansonsten würde auch das InsOÄndG 2001 unterlaufen werden, das ausdrücklich bestimmt hat, dass den Gläubigern nicht mehr das differenziertere Vermögensverzeichnis, sondern nur noch eine Vermögensübersicht zu übersenden ist.

Änderungsvorschlag:

Anlage 4 des Antragsvordrucks ist um die Rubrik zu erweitern, ob und wie die Gläubiger auf den außergerichtlichen Einigungsvorschlag reagiert haben. Anlagen 7 und 7B sind für formfrei zu erklären. Das Gläubiger und Forderungsverzeichnis (Anlage 6) ist zu verändern.

1.5.2 Einbeziehung der Gläubiger (Nr. 39 bis 41)

1.5.2.1 Beteiligung der im außergerichtlichen Verfahren zustimmenden Gläubiger im weiteren Verfahren der Zustimmungsersetzung – § 309 Abs. 1 (Nr. 39)

Der Gesetzesentwurf geht nur unzureichend darauf ein, wie die Gläubiger, die dem außergerichtlichen Plan zugestimmt haben, im weiteren Verfahren bis zum Beschluss über die Annahme des Schuldenbereinigungsplans beteiligt werden.10 So heißt es in der Begründung zu Nummer 39, S.31 lediglich: „Gläubiger, die dem Schuldenbereinigungsplan bereits vorgerichtlich zugestimmt haben, bleiben an ihre Zustimmung gebunden …“. Es ist jedoch nicht vorgesehen, dass diese Gläubiger vom Gericht über die bindende Wirkung ihrer Zustimmung in Kenntnis gesetzt werden. Die zustimmenden Gläubiger sollten vom Gericht über den zulässigen Antrag des Schuldners auf Zustimmungsersetzung benachrichtigt werden. Weiterhin sollte diesen Gläubigern bestätigt werden, dass ihre zustimmenden Stellungnahmen dem Gericht vorliegen.

1.5.2.2 Zustellung des angenommenen Schuldenbereinigungsplans an alle Gläubiger und den Schuldner – § 308 Abs. 1 (Nr. 40)

In dem Entwurf ist die derzeit geltende Regelung in § 308 Absatz 1 Satz 3 InsO, dass allen im Plan berücksichtigten Gläubigern eine Ausfertigung des Schuldenbereinigungsplans und der Beschluss über die Annahme des Plans zuzustellen ist, nicht mehr enthalten. Die Streichung ist nicht begründet.

Änderungsvorschlag

In § 308 Abs. 1 InsO-E ist analog dem bisherigen Absatz 1 Satz 3 zu ergänzen: „Den Gläubigern und dem Schuldner ist eine Ausfertigung des Schuldenbereinigungsplans und des Beschlusses über die Annahme des Plans zuzustellen“.

1.5.2.3 Mitteilung an die Gläubiger über das Scheitern des Schuldenbereinigungsplans

Kann die fehlende Zustimmung eines Gläubigers nicht ersetzt werden und wird deshalb der Antrag des Schuldners auf Zustimmungsersetzung zurückgewiesen, sollte das Gericht allen Gläubigern das Scheitern des Schuldenbereinigungsplans mitteilen und sie davon in Kenntnis setzen, dass gem. § 311 das Verfahren über den Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens von Amts wegen wieder aufgenommen wird.

1.5.2.4 Angaben der Gläubiger zur Forderungshöhe und zu den Sicherheiten – § 309 Abs. 1 Nr. 2 (Nr. 41)

Der Entwurf sieht im Zustimmungsersetzungsverfahren keine Anpassung des Schuldenbereinigungsplans mehr vor. In der Beratungspraxis ist zu beobachten, dass Gläubiger trotz Aufforderung ihre Forderungen bzw. bestehende Sicherheiten nicht oder nicht vollständig melden. Ein Zustimmungsersetzungsverfahren wäre somit einfach zum Scheitern zu bringen, wenn ein Gläubiger erst jetzt seine tatsächlich bestehende Forderung mitteilt. Damit das Zustimmungsersetzungsverfahren nicht daran scheitert, sollte § 309 InsO dahingehend ergänzt werden, dass die Grundlage für die Zustimmungsersetzung die Mitteilung des Gläubigers über Forderungshöhe und Sicherheiten im außergerichtlichen Verfahren ist. Im Falle der Nichtmeldung des Gläubigers, hat er den Nachweis zu erbringen, warum er auf den Schuldenbereinigungsplan erst jetzt reagiert.

Änderungsvorschlag

§ 309 Abs. 1 Nr. 2 wie folgt ändern: Einfügung nach „…im Zweifel zugrunde zu legen, dass die Forderung eines Gläubigers seiner Forderungsaufstellung entspricht und dass die Einkommens- ,…“

1.5.3 Wirkungen des Schuldenbereinigungsplans (Nr. 40)

Während der Diskussionsentwurf vorsah, dass sich die Wirkungen des Plans auch auf nicht beteiligte Gläubiger erstrecken, rückt der Referentenentwurf von diesem Vorschlag wieder ab und belässt es stattdessen bei der derzeitigen Regelung in § 308 Abs. 3, dass der Schuldenbereinigungsplan nur für die im Plan berücksichtigten Gläubiger wirkt. Die damit nach dem Diskussionsentwurf vorgesehene Möglichkeit, dass der Schuldner auch durch einen Schuldenbereinigungsplan vollständig von seinen Verbindlichkeiten befreit werden kann, hätte die vom Gesetzgeber im Referentenentwurf betonte Aufwertung der außergerichtlichen Schuldenbereinigung nach sich gezogen.11 „Entwertet wird der außergerichtliche Versuch dadurch, dass übersehene Gläubiger – anders als im Entwurf 2003 vorgesehen – nicht in die Wirkung eines erfolgreichen Schuldenbereinigungsplanes einbezogen werden sollen. Im Ergebnis wird dies dazu führen, dass Schuldner keinen Antrag auf Zustimmungsersetzung stellen, sondern die sofortige Eröffnung des Verfahrens anstreben.“12

Aus Sicht der Schuldner- und Insolvenzberatung sollten die Wirkungen des Schulden- bereinigungsplans für alle Gläubiger gelten. Dies wäre die Lösung für ein in der Praxis kaum vermeidbares Problem, dass trotz einer akribischen Bestandsaufnahme der Schulden, in einer beachtlichen Anzahl von Fällen einzelne Gläubiger nicht ermittelt werden können. Dies ist insbesondere bei Schuldnern der Fall, deren Verbindlichkeiten lange Jahre zurückliegen, die über keine oder nur wenige Unterlagen verfügen oder bei denen die Gläubiger sich nicht gemeldet haben. Somit besteht die Gefahr, dass ein übersehener Gläubiger die Erfüllung des Schuldenbereinigungsplans mit Beitreibungsmaßnahmen zunichte macht. Ansonsten bleibt dem Schuldner nur der Weg in das gerichtliche Verfahren.13

Die Befreiung von den im Schuldenbereinigungsplan nicht genannten Forderungen wird dem Schuldner nur dann gewährt, wenn er diese nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig unberücksichtigt gelassen hat.14

Der Referentenentwurf befördert eine Benachteiligung der Schuldner im Verbraucher- insolvenzverfahren gegenüber dem Regelinsolvenzverfahren. Der in diesem Verfahren mögliche Insolvenzplan wirkt gemäß § 254 InsO auch gegenüber Gläubigern, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben.

Änderungsvorschlag

Die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände plädiert daher dafür, die Vorschläge des Diskussionsentwurfs vom 17. April 2003 zu § 308 Abs. 3 und 4 InsO und zu
§ 309 InsO wieder in den Gesetzentwurf aufzunehmen.

Die Vorschläge waren gut begründet, an strenge Anforderungen geknüpft und wesentliche Säule der Stärkung des Einigungsversuches. Mögliche verfassungsmäßige Bedenken hiergegen können nicht geteilt werden. Ebenso wie bei der Restschuldbefreiung hat zuvor eine Veröffentlichung zu erfolgen. Es ist dem deutschen Recht nicht fremd, dass nach einem formalen Verfahren auch diejenigen von einer Maßnahme betroffen sind und diese hinnehmen müssen, die keine Kenntnis von einer Veröffentlichung genommen haben.

1.5.4 Weitergehende Änderungen und Ergänzungen

Zur Stärkung des außergerichtlichen Einigungsversuchs und zur Vermeidung von unnötigen zusätzlichen Belastungen der geeigneten Personen und Stellen bedarf es aus Sicht der Schuldnerberatung weitergehender Änderungen und Ergänzungen:

1.5.4.1 Vollstreckungsschutz für die außergerichtliche Schuldenbereinigung

Während des außergerichtlichen Einigungsversuchs kommt es erfahrungsgemäß immer wieder zu Vollstreckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger. Soll die außergerichtliche Schuldenbereinigung nachhaltig gestärkt werden, muss es einen begleitenden wirksamen Vollstreckungsschutz geben.15

1.5.4.2 Vorgezogenes Zustimmungsersetzungsverfahre

Der Entwurf sieht in § 305 Abs. 1 Nr. 5 vor, dass der Schuldner den Antrag auf Zustimmungsersetzung zusammen mit dem Anträgen auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung mit sämtlichen Anlagen des Vordruckformulars stellen muss. Dies ist aus Sicht der Schuldnerberatung ein unnötiger und nicht vertretbarer Aufwand. Denn der Schuldner stellt den Antrag auf Zustimmungsersetzung mit dem Ziel, dass der Schuldenbereinigungsplan zustande kommt und sich damit ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Restschuldbefreiung erübrigt.

Die zwingende Verbindung des Antrags auf Zustimmungsersetzung mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bedeutet für alle Beteiligten einen unverhältnismäßigen und unnötigen Aufwand!

Änderungsvorschlag

Durch ein eigenständiges, dem Insolvenzantrag vorgezogenes Zustimmungsersetzungsverfahren wären nicht nur die geeigneten Personen und Stellen sondern auch die Insolvenzgerichte entlastet.
Deshalb sollten die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung erst dann gestellt werden, wenn die fehlenden Zustimmungen nicht ersetzt werden können und damit der Schuldenbereinigungsplan endgültig gescheitert ist.

1.5.4.3 Kostenerstattung für unnötiges Zustimmungsersetzungsverfahren

In Anlehnung an den Rechtsgedanken der Schadensminderungspflicht des § 254 BGB und an die Vorschrift der beschränkten Kostenerstattung nur für notwendige Zwangsvoll- streckungsmaßnahmen nach § 788 ZPO, sollte das Insolvenzgericht die Kosten eines erfolgreichen Zustimmungsersetzungsverfahren den Gläubigern auferlegen können, die zuvor die außergerichtliche Einigung grundlos blockiert haben.16

2 Änderungen des Restschuldbefreiungsverfahrens

2.1 Versagung von Amts wegen und Antragsbefugnis des Insolvenzverwalters / Treuhänders (Nr. 30-33)

Die im Referentenentwurf vorgesehene Versagung der Restschuldbefreiung von Amts wegen und die Antragsbefugnis des Insolvenzverwalters/Treuhänders greifen fundamental in das Parteiverfahren einseitig zu Lasten der Schuldner ein und bewirken einen „Systembruch“.17

Der grundlegende Eingriff in die Systematik des Insolvenzverfahrens wird damit begründet, dass das Gericht trotz sicherer Erkenntnis über Versagungsgründe die Restschuldbefreiung aussprechen müsse, solange kein Antrag eines Gläubigers vorliege. Weiter wird festgehalten, dass das Interesse der Gläubiger gering sei, sich in das Verfahren einzubringen. Daher müsse Versagung von Amts wegen möglich sein und dem Insolvenzverwalter/Treuhänder zusätzlich das entsprechende Antragsrecht eingeräumt werden, um die Rechtswohltat der Restschuldbefreiung nur dem redlichen Schuldner zuteil werden zu lassen.18

Mit dieser Begründung wird suggeriert, dass die Gerichte in einer nicht unerheblichen Anzahl von Fällen sehenden Auges unredlichen Schuldnern Restschuldbefreiung erteilen mussten bzw. müssten. Weder bei den Gläubigern/Gläubigerverbänden noch in der Fachpraxis oder in der Rechtsprechung gibt es eine breite Diskussion darüber, dass ein nicht unerheblicher Teil der Schuldner zu Unrecht Restschuldbefreiung erlangt.19 Es wurden im Jahr 2003 gut 60.000 Anträge auf Restschuldbefreiung von natürlichen Personen gestellt. Es ist daher unbillig, diese Schuldner unter den Generalverdacht der Unredlichkeit zu stellen.

Darüber hinaus war es erklärter Gesetzeswille bei der Verabschiedung der Insolvenz- ordnung, die Versagung auf die im Gesetz benannten Gründe zu begrenzen und nur eine Antragstellung der Gläubiger zu ermöglichen. Hierdurch sollte ein nicht kalkulierbarer Streit über die Versagung und damit eine zusätzliche Gerichtsbelastung vermieden werden. Grote/Pape stellen in ihrem Beitrag noch einmal ausführlich die Motive des damaligen Gesetzgebers dar und weisen nach, dass der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen hat und nehmen wollte, dass im Einzelfall nicht bei jedem unredlichen Verhalten eine Versagung erfolgt.20 Die Verantwortung für die Verfolgung der Versagung – wie bereits ausgeführt – wurde daher ausschließlich in die Hände der Gläubiger gelegt.

Die Übertragung der Verantwortung auf die unmittelbaren Parteien ist nicht nur im Bereich der Versagung erfolgt, sondern z.B. auch bei der Anmeldung ausgenommener Forderungen. Der Schuldner hat nur im Prüftermin die Möglichkeit Widerspruch einzulegen. Unterlässt der Schuldner diesen Antrag, weil er es schlichtweg versäumt oder sich der Bedeutung der Unterlassung nicht bewusst gewesen ist, so ist die Forderung – ob zu Recht oder nicht – von der Restschuldbefreiung ausgenommen. Auch im Schuldenbereinigungsplanverfahren bedeutet das Schweigen eines Gläubigers Zustimmung, unerheblich ob er im Verhältnis zu den anderen Gläubigern angemessen beteiligt worden ist oder nicht.

2.1.1 Versagung von Amts wegen

Die Verantwortung für das jeweilige Handeln muss weiterhin ausschließlich sowohl beim Schuldner als auch Gläubiger verbleiben. Eine Amtsermittlungspflicht würde nur das passive Verhalten und mangelnde Interesse der Gläubiger am Verfahren fördern. Die Wahrung der eigenen Rechte muss in der jeweiligen Eigenverantwortung verbleiben.

Selbst die im Diskussionsentwurf noch vorgesehene Möglichkeit eines schriftlichen Versagungsantrags bis spätestens zum Schlusstermin erleichtert dem Gläubiger die Antragstellung und erweitert nur den Zeitraum der Antragstellung, behält aber das Prinzip der Gläubigerautonomie bei. 21

Eine Versagung von Amts wegen würde darüber hinaus zu einer erheblichen Mehrbelastung der Gerichte führen, wie die Zahlen der Anträge auf Restschuldbefreiung eindrucksvoll belegen. 22

Damit steht die Einführung einer Amtsermittlungspflicht und Versagungsbefugnis des Gerichts im krassen Gegensatz zur sonstigen Ausgestaltung des Insolvenzverfahrens und widerspricht dem erklärten Ziel des Gesetzgebers, die Gerichte entlasten zu wollen.

2.1.2 Antrag auf Versagung durch Insolvenzverwalter / Treuhänder

Mit dem Antragsrecht des Insolvenzverwalters/Treuhänders verändert sich dessen Rolle im Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren fundamental. Der Insolvenzverwalter / Treuhänder wird damit zu einem kontrollierenden und überwachenden Organ des Verfahrens. Damit verfügt er gegenüber dem Schuldner über ein erhebliches „Druck- und Drohpotenzial“.23 Die Abhängigkeit vom „Wohlwollen“ und der Akzeptanz des Treuhänders wächst damit erheblich und könnte dazu führen, dass „unliebsame Schuldner“ hiermit diszipliniert werden könnten. Die Möglichkeit des Insolvenzverwalters / Treuhänders selbst einen Versagungsantrag stellen zu können, wird daher als nicht sachgerecht und systemwidrig abgelehnt.

Die bisher in der Insolvenzordnung vorgesehene Überwachungsfunktion im Restschuldbefreiungsverfahren nach Auftrag durch die Gläubigerversammlung ist als absolut ausreichend anzusehen. Auch hier gilt, dass die Verantwortung für die Inanspruchnahme der Überwachungsfunktion bei den Gläubigern liegt und dies auch nicht auf die Treuhänder verlagert werden sollte.

Das Antragsrecht des Insolvenzverwalters/Treuhänders könnte dazu führen, dass sich dieser aus Haftungsgründen gezwungen sieht, vorsorglich einen Versagungsantrag zu stellen, wenn dies nur entfernt möglich erscheint. Eine zusätzliche Belastung der Gerichte wäre somit die Folge.

Änderungsvorschlag

Die vollständige Streichung der Amtsermittlungspflicht als auch der Antragsmöglichkeit des Insolvenzverwalters/Treuhänders. Die AG SBV regt an, den Vorschlag aus dem Diskussionsentwurf, die schriftliche Antrag- stellung bis spätestens zum Schlusstermin zu ermöglichen, wieder aufzugreifen.

2.2. Unterhaltsschulden als ausgenommene Forderung (Nr. 34)

Die beabsichtige Änderung des § 302 InsO soll nach dem Willen des Gesetzgebers lediglich eine Klarstellung bewirken. Neben den bisher schon von der Restschuldbefreiung ausgenommenen Unterhaltsverbindlichkeiten, denen ein Vollstreckungstitel mit ausdrücklich benanntem Rechtsgrund wegen „vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung“ zugrunde liegt, sollen künftig die Zweifel einiger Kommentatoren, ob eine rechtskräftige Verurteilung des Unterhaltsschuldners nach § 170 StGB als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB anzusehen sei, dadurch ausgeräumt werden, dass auch dann Forderungen auf rückständigen Unterhalt von § 302 InsO erfasst werden, wenn „die wesentlichen Voraussetzungen…“ erfüllt sind. Obwohl die Begründung nicht eindeutig ist, muss danach nicht nur – wie behauptet – von einer Klarstellung, sondern durchaus von einer Erweiterung des Anwendungsbereiches ausgegangen werden, da es nunmehr (trotz Fehlens einer zivilrechtlichen Verurteilung gemäß § 823 Abs. 2 BGB bzw. einer strafrechtlichen Verurteilung gemäß § 170 StGB) ausreichen soll, wenn der Unterhaltsberechtigte bedürftig und der Unterhaltsverpflichtete leistungsfähig war.

Zwar könnten die grundsätzlichen Bedenken gegen die Privilegierung bestimmter Gläubigerforderungen, die der Gesetzgeber mit Schaffung der InsO durch radikale Einschränkung der zu Zeiten der Konkursordnung bestehenden Vorrechte einzelner Gläubiger gerade vermeiden wollte, vielleicht mit dem Verweis auf die besondere Schutzbedürftigkeit der Unterhaltsberechtigten zerstreut werden. Allerdings sollte auch berücksichtigt werden, dass ein erheblicher Teil der Ratsuchenden der Schuldner- und Insolvenzberatung in der Regel die häufig unstreitig fehlende Leistungsfähigkeit nicht rechtzeitig dokumentiert bzw. nachweist. Diese Schuldner lassen Vollstreckungstitel gegen sich ergehen, ohne über den tatsächlichen Sachverhalt und ihre unzureichenden finanziellen Möglichkeiten aufzuklären. Dies belegen die jahrelangen Erfahrungen der Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen eindeutig. Diese keinesfalls böswillig agierende Klientel ist dann schlicht überfordert, im Nachhinein, zum Teil Jahre später, ihre Leistungsunfähigkeit nachzuweisen.

Der Änderungsvorschlag lässt nicht erkennen, wann und von wem die Pflichtwidrigkeit festgestellt werden soll. Eine dem Insolvenzgericht auferlegte Prüfungspflicht wirkt sich kontraproduktiv zum erklärten Willen der Entlastung der Gerichte aus.

Sinnvoll erscheint es, die Interessen der Unterhaltsberechtigten und der Unterhaltsverpflichteten dadurch auszugleichen, dass nur dann, wenn der Unterhaltsschuldner in einem Erkenntnisverfahren tatsächlich von der Gelegenheit Gebrauch gemacht hat, zu seiner Leistungsfähigkeit Stellung zu nehmen, bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen, § 302 InsO anzuwenden ist.

3. Sonstige Änderungen der Insolvenzordnung

3.1 Stundungsregelung (Nr. 1-3)

Der Referentenentwurf sieht vor, dass eine Stundung der Verfahrenskosten zukünftig auch dann aufgehoben werden kann, wenn vorsätzlich oder grob fahrlässig Auskunfts- und Mitwirkungspflichten verletzt worden sind. Bei einer Versagung der Stundung der Verfahrenskosten soll für die Dauer von drei Jahren keine erneute Stundung mehr gewährt werden können.

Mit dem Beispiel unzureichend ausgearbeiteter Anmeldeunterlagen und anschließender mangelnder Mitarbeit des Schuldners bei der Beseitigung der Mängel wird die Verschärfung der Versagungsregelung der Stundung begründet.

Die AG SBV gibt zu bedenken, dass nicht nur Schuldner in Einzelfällen mangelnde Mitwirkungsbereitschaft haben erkennen lassen, sondern auch einzelne Gerichte die zulässigen Grenzen der Nacherhebung von Daten bei der Antragstellung überschreiten.24 Dieses Problem hat der Gesetzgeber in anderem Zusammenhang ebenfalls gesehen. Es ist daher sicherzustellen, dass der Schuldner nicht Gefahr läuft, nachträglich deshalb die Stundung versagt zu bekommen, weil sich das Gericht nicht an die Grenzen der gesetzlich zulässigen Auflagen hält.

Im Übrigen zeigt die Praxis, dass in den Fällen, in denen der Schuldner durch eine Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle beraten und betreut wird, die Mitwirkungsbereitschaft der Schuldner gewährleistet werden kann.

Der Zeitraum von drei Jahren bis zur Wiedergewährung einer Stundung nach vorheriger Versagung aufgrund mangelnder Mitwirkungsbereitschaft erscheint sachgerecht und orientiert sich an § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO.

3.2 Schriftliches Verfahren (Nr. 4)

Die im Referentenentwurf vorgesehene Wahlmöglichkeit, Kleinverfahren sowohl mündlich als auch künftig schriftlich durchführen zu können, wird begrüßt.

3.3 Rechtsbeschwerde (Nr. 6)

Der neu gefasste § 7 InsO engt die Beschwerdemöglichkeit weiter ein, wenn nunmehr die Möglichkeit der Rechtsbeschwerde auch noch von der Zulassung des Beschwerdegerichts abhängt. Schon die Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf den Bundesgerichtshof hat die Beschwerdemöglichkeiten eingeengt, nachdem zuvor die Oberlandesgerichte für schnelle und klärende Entscheidungen gesorgt hatten. Nun soll die Beschwerdemöglichkeit weiter eingeschränkt werden, um angeblich den Bundesgerichtshof zu entlasten. Dies ist angesichts der Tatsache, dass es sich bei dem Insolvenzrecht immer noch um ein vergleichsweise junges Rechtsgebiet handelt, in dem auf absehbare Zeit immer wieder Rechtsfragen zur Klärung anstehen, nicht angezeigt, vielmehr muss die Beschwerde- möglichkeit offen bleiben.

Änderungsvorschlag

§ 7 InsO soll in der aktuell geltenden Fassung beibehalten werden.

3.4 Freigabe einer selbständigen Tätigkeit (Nr. 16)

In der Praxis der Schuldner- und Insolvenzberatung ist vermehrt zu beobachten, dass Selbständige und Schuldner in einem bereits laufenden Insolvenzverfahren ihre Selbständigkeit aufrechterhalten bzw. mangels Alternativen eine solche (z.B. Ich-AG) aufnehmen wollen.

Es ist daher zu begrüßen, dass durch Erklärung des Insolvenzverwalters/Treuhänders eine Fortsetzung bzw. Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit zukünftig außerhalb der Insolvenz- masse möglich wird. Es ist dabei jedoch sicherzustellen, dass dem Schuldner bei Fortsetzung bzw. Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit – nach Abzug seiner geschäfts- bedingten Kosten – das pfändungsrechtliche Existenzminimum zur Verfügung steht, um z.B. auch seinen Unterhaltsverpflichtungen, seiner Steuer- und Krankenversicherungspflicht nachkommen zu können.

4 Änderung der Verbraucherinsolvenzvordruckverordnung (Artikel 5)

Die AG SBV begrüßt die Klarstellung, dass neben den bestehenden Musterplänen auch von der Anlage 7 A abweichende Plangestaltungen möglich sind. Weitergehend wird vorgeschlagen, auch die Anlagen 7 und 7 B formfrei zu erklären und das Gläubiger- und Forderungsverzeichnis (Anlage 6) des Antragsvordrucks zu verändern (siehe Ausführungen zu Punkt 1.5.1.).

5 Änderung der Zivilprozessordnung (Artikel 3)

5.1 Pfändungsschutz für sonstige Einkünfte (Nr. 1 und 2)

Mit der Reform des Zwangsvollstreckungsrechts sollen nun auch die Einkünfte von selbständig Tätigen vor Kahlpfändung geschützt werden. Eine Gleichstellung des Pfändungsschutzes bei Arbeitseinkommen und Einkünften aus selbständiger Tätigkeit wird angestrebt. Dies ist aus der Sicht der Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen ausdrücklich zu begrüßen, da es für die Existenzsicherung unerheblich ist, aus welcher Tätigkeitsform, abhängig oder selbständig, die Einnahmen resultieren.

Nach der im Referentenentwurf vorgesehenen Neuregelung des § 850i ZPO soll bei nicht wiederkehrend zahlbaren Vergütungen, die kein Arbeitseinkommen sind, nach freier Schätzung des Gerichts dem Schuldner soviel belassen werden, wie ihm aus einem laufenden Arbeitseinkommen zustehen würde. Mit dieser Formulierung kann der Schuldner für nicht wiederkehrende Arbeitseinkommen, wie z.B. Abfindungen, entgegen der gültigen gesetzlichen Regelung keinen Antrag mehr auf Freigabe eines Teils der Abfindung stellen. Dies würde zu einer erheblichen Verschlechterung des Pfändungsschutzes bei Arbeitseinkommen führen.

5.2 Pfändungsschutz für Kontoguthaben aus Arbeitseinkommen (Nr. 3)

Die überproportionale Zunahme der Kontopfändungen in den letzten Jahren25 verschärft die finanzielle Situation vieler Schuldner dergestalt, dass zusätzlich zur Pfändung die Banken in diesen Fällen häufig die Konten kündigen.26 Die Dauerwirkung der Pfändung bewirkt zudem, dass das Konto des Schuldners auf Dauer, wenn er nicht zahlungsfähig ist, für die Teilhabe am bargeldlosen Zahlungsverkehr blockiert ist. Kontokündigungen in Folge einer Kontopfändung und die Weigerung vieler Banken – trotz Empfehlung des Zentralen Kreditausschusses – Guthabenkonten einzurichten, verschärfen die Notsituation der Schuldner.

Das Ziel, den Pfändungsschutz für Kontoguthaben neu zu regeln, ist daher grundsätzlich zu begrüßen. Die Freistellung des Kontos bei wiederkehrenden Leistungen in Höhe des Sockelbetrages des Pfändungsfreibetrages gemäß § 850c ZPO stellt sicher, dass der Schuldner – trotz Pfändung – seinen existenziellen Zahlungsverpflichtungen, wie z.B. Miete, Energie, nachkommen kann und ihm ein Notbedarf zur Sicherung seines Lebensunterhalts zur Verfügung steht. Eine Kahlpfändung – wie bisher – ist mit dieser Regelung somit nicht mehr möglich. Hiermit wird den sogenannten „Druckpfändungen“, insbesondere bei unpfändbaren Schuldnern, der Boden entzogen.

5.2.1 Einschränkung der Dauerwirkung der Kontopfändung – § 850k Abs. 2 ZPO-E

Die im Referentenentwurf vorgesehene Einschränkung der Dauerwirkung der Konto- pfändung ist zu begrüßen. Das Ziel die Gläubiger verstärkt zur Pfändung an der Quelle zu veranlassen und Druckpfändungen zu vermeiden, wird durch die Einschränkung der Dauerpfändung gestärkt. Auch der unerfreulichen Praxis vieler Banken, gepfändete (Guthaben) Konten zu kündigen, wird mit dieser Regelung die Legimitation entzogen.27

Der Referentenentwurf sieht eine Aufhebung der Pfändung erst drei Monate nach Eingang des Antrags vor. Der Schuldner ist im Fall einer Kontopfändung somit stets gezwungen, einen Antrag auf Aufhebung zu stellen. Die Entlastung der Gerichte im Bereich der Freistellung des pfändungsfreien Anteils wird durch diese Regelung wieder konterkariert.

Weiterhin ist nicht nachvollziehbar, warum bei einem Schuldner, der nicht pfändbar ist, die Blockade des Kontos noch weitere zwei Monate andauern soll. Bereits im ersten Monat der Pfändung ist erkennbar, ob das eingehende Einkommen pfändbar ist oder nicht.

Änderungsvorschlag

Die Wirkung der Kontopfändung ist auf einen Monat zu begrenzen. Der Gläubiger kann die Verlängerung der Pfändung für weitere zwei Monate beantragen, wenn ein Pfändungserfolg nachgewiesen wird.28

5.2.2 Bescheinigung durch anerkannte Insolvenzberatungsstellen nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO

Die Sicherung des über den Sockelbetrag hinausgehenden pfändungsfreien Einkommensanteils soll nur durch die Bescheinigung einer geeigneten Person oder Stelle möglich sein. Dieses Vorhaben würde zu einer erheblichen Arbeitsmehrung in den Beratungsstellen führen, da bislang nur ein kleiner Anteil der gepfändeten Kontoinhaber durch Schuldnerberatungsstellen betreut wird.

Für die Übernahme dieser Dienstleistung ist eine adäquate Vergütungsregelung der geeigneten Stellen unerlässlich. Ohne personellen Ausbau würde es in den Beratungsstellen zu einer Verlagerung der Aufgaben von der Beratung ver-/überschuldeter Ratsuchender hin zu einer Bescheinigungsstelle im Rahmen der Kontopfändung kommen.

Es könnte zum Beispiel eine Regelung im Rahmen des Beratungshilfegesetzes geschaffen werden, wonach es geeigneten Stellen, analog den geeigneten Personen, gestattet wird, die Ausstellung einer Bescheinigung abrechnen zu können.

Der Gesetzgeber sollte darüber hinaus sicherstellen, dass sich der Schuldner auch an das Vollstreckungsgericht wenden kann, um zeitnah eine Freigabe seines pfandfreien Einkommens zu erreichen.

In den Fällen, in denen bereits eine Gehaltspfändung vorliegt bzw. eine Abtretung offen gelegt ist, sollte auch der Arbeitgeber berechtigt sein, eine entsprechende Bescheinigung zur Vorlage bei der Bank ausstellen zu dürfen.

5.2.3 Sonstiger Ergänzungsbedarf

Die Kontopfändungsreform darf nicht den Schutz der Personen vernachlässigen, die mit dem Schuldner in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Es sind daher noch folgende Ergänzungen angezeigt:

5.2.3.1 Schutz der Kontomitinhaber bei Gemeinschaftskonten (Oder-Konten)

Die Pfändung eines Kontos erfasst bei einem Gemeinschaftskonto (Oder-Konto) nicht nur die Einnahmen des Schuldners, sondern auch potenzielle Eingänge des Kontomitinhabers, die damit auch blockiert sind. Der Referentenentwurf sieht keine Regelung für eine Freigabe der nicht den Schuldner betreffenden Eingänge auf dem Konto vor. Der Kontomitinhaber muss bis dato für die Freigabe seines Anteils am Kontoguthaben eine Drittwiderspruchsklage bei Gericht einreichen. Der Kontomitinhaber darf aber nicht schlechter gestellt werden als der Schuldner, daher ist auch bei ihm eine unkomplizierte Freigabe seiner – nicht nur wiederkehrender – Eingänge auf dem Konto sicherzustellen.

5.2.3.2 Schutz der Einnahmen minderjähriger unterhaltsberechtigter Personen (Unterhalt)

Der Unterhalt für minderjährige Kinder wird in der Regel auf das Konto des Erziehungs- berechtigen eingezahlt. Im Falle einer Pfändung des Kontos des Erziehungsberechtigten ist das Einkommen des Kindes nicht mehr geschützt. Eine wiederkehrende Leistung nach §§ 850 – 850b ZPO liegt in diesem Fall nicht vor, daher greift die Schutzregelung nach § 850k ZPO – auch in der Entwurfsfassung – nicht. Die Schutzregelung des Sozialgesetzbuchs greift gleichfalls nicht, wenn der Unterhaltsverpflichtete die Zahlung selbst leistet.

Zur Sicherung des Unterhalts minderjährigen Kinder ist es daher unerlässlich, diese Einnahmen von der Kontopfändungswirkung auszunehmen bzw. eine unkomplizierte Freigabe zu ermöglichen.

5.2.3.3 Schutz eines Schonvermögens in Höhe der gesetzlichen Regelungen nach SGB XII und SGB II

Mit in Kraft treten des SGB II und XII erhält der Sozialleistungsempfänger seine einmaligen Bedarfe (z.B. Bekleidung, Ersatzbedarf im Haushalt etc.) in erhöhten monatlichen Zahlungen bereits ausgezahlt. Der Sozialleistungsempfänger ist aufgefordert für zukünftige Bedarfssituationen entsprechend Ansparungen vorzunehmen. Im Falle einer Kontopfändung sind diese Ansparungsleistungen im Rahmen des SGB II und XII voll von der Pfändung erfasst. Zur Sicherung des Existenzminimums sind daher Leistungen im Rahmen des SGB II und XII in Höhe der jeweiligen Freibeträge pro Person auf Sparkonten vom Pfändungszugriff freizustellen.

5.2.3.4 Anpassung der Frist nach § 835 Abs. 3 S. 2 ZPO

Gemäß § 835 Abs. 3 Satz 2 ZPO darf der Drittschuldner, d.h. die Bank, bereits zwei Wochen nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses den über den Grundfrei- betrag hinausgehenden Betrag des Einkommens nach §§ 850 bis 850b ZPO an den Pfändungsgläubiger überweisen, wenn bis zu diesem Zeitpunkt kein Nachweis einer geeigneten Person/Stelle über den unpfändbaren, d.h. freizugebenen Betrag vorliegt. Die Frist ist insbesondere dort als zu kurz anzusehen, wo geeignete Personen/Stellen nicht in ausreichendem Umfang vorhanden sind. Daher sollte die Frist auf einen Monat verlängert werden. Der Pfändungsgläubiger wird durch diese Verlängerung nicht benachteiligt, da er den pfändbaren Anteil unabhängig vom frühestmöglichen Auszahlungszeitpunkt erhält. Dagegen würde eine Verlängerung auf einen Monat allen Beteiligten einen größeren Spielraum verschaffen.

5.2.3.5 Pfändungsschutz bei nicht wiederkehrenden Eingängen von Einkünften gemäß
§§ 850 bis 850b ZPO

Für Einkünfte bzw. Vergütungen selbständig Tätiger, wenn sie Arbeitseinkommen im Sinne von § 850 Abs. 2 ZPO sind, gilt gleichfalls die Schutzvorschrift nach § 850k ZPO, wenn es sich um wiederkehrende Einkünfte handelt. Bei Selbständigen werden häufig nicht wiederkehrende Einkünfte auf das Konto überwiesen. Wenn der Gläubiger an der Quelle, d.h. beim Drittschuldner pfändet, dann kann der Schuldner über einen Antrag nach § 850i ZPO seinen unpfändbaren Anteil ausbezahlt bekommen. Wenn der Gläubiger dagegen das Konto pfändet, so können diese nicht wiederkehrenden Einkünfte weder durch § 850k ZPO noch durch § 850i ZPO geschützt werden.

Es wird daher angeregt, dass beim Eingang von nicht wiederkehrenden Einkünfte gemäß §§ 850 bis 850b ZPO der Schuldner einen Antrag analog der Regelung zu § 850i ZPO beim Amtsgericht stellen kann, um sein Existenzminimum sichern zu können.

6 Änderung des Ersten Buchs Sozialgesetzbuch (Artikel 11)

Die AG SBV begrüßt, dass bei Sozialleistungen der vom Pfändungsbeschlag befreite Zeitraum von sieben auf 14 Tage erweitert wird. Die Verlängerung hilft das Existenzminimum des Schuldners besser abzusichern.29 Es wird dadurch allerdings nicht das Problem gelöst, dass der Schuldner seine vollständigen Sozialleistungen auf einmal abheben muss und keine Möglichkeit hat, Geld für nachfolgende Zahlungen, z.B. Stromabschlag, auf dem Konto stehen lassen zu können.

Analog zur Kontopfändung bei Arbeitseinkommen schlägt die AG SBV vor, dass die Pfändungswirkung auf einen Monat beschränkt wird und der Schuldner in diesem Zeitraum nachgewiesene Sozialleistungen – ohne zeitliche Einschränkungen – abheben kann.

Bei Begrenzung der Wirkung der Pfändung auf einen Monat kann der Schuldner im nächsten Monat wieder über sein volles Konto verfügen. Der Gläubiger kann nur dann eine Fortsetzung der Pfändung erreichen, wenn er nachweist, dass ein Pfändungserfolg zu erwarten ist. Dies ist in der Regel bei Eingang von Sozialleistungen nicht der Fall.


  1. Siehe Studie des Büros für Existenzsicherungen (BfE) in München zu Erfahrungen mit der Ich-AG, veröffentlicht unter www.bfe-muenchen.de. Die Studie zeigt, dass ein nicht unerheblicher Anteil der selbständigen Tätigkeit im Rahmen einer Ich-AG-Förderung nur auf Teilzeitbasis erfolgt.
  2. www.destatis.de, Insolvenzen. Von 2002 auf 2003 sind die Regelinsolvenzverfahren für ehemals selbständig Tätige um ca. 30% gestiegen.
  3. Siehe Hessen, Bayern.
  4. 2001: 14.262; 2002: 27.226; 2003: 26.950 abgeschlossene außergerichtliche Einigungsverfahren nach Auswertung von 12 bzw. in 2003 9 Ländern. Die Zahlen sind einer nichtveröffentlichten aktualisierten Fassung der „Übersicht der Förderung von Schuldner-/Insolvenzberatung in den Bundesländern vom 4.6.2004“ entnommen. Im Jahr 2003 fehlen (im Gegensatz zu 2001) die Zahlen der Länder Hessen, Berlin und Rheinland-Pfalz.
  5. 2001: 4719 zu 2003: 5696 erfolgreiche Einigungen. Die Basis der Zahlen entstammt der o.g. Übersicht der Förderung der Länder. Für 2001 wurden 12 Länder ausgewertet und für 2003 lagen nur die Zahlen von 9 Ländern zur Verfügung. Daher ist davon auszugehen, dass der Anstieg in 2003 der erfolgreichen Einigungsverfahren noch höher ausgefallen ist, als hier beschrieben.
  6. So sind z.B. in Hessen ca. 60 Insolvenzberaterstellen durch die Kürzungen der Landesregierung
    gestrichen worden. Bayern kürzte die Mittel für die Insolvenzberatung von 1,95 Mio (2002) auf 0,8 Mio (2003); Berlin
  7. Siehe auch Schmerbach, ZInsO, 2004, 699.
  8. Siehe auch Frind, ZInsO, 2004, 1066 und Grote/Pape, ZInsO, 2004, 1003.
  9. „Fordert ein Gläubiger vorgerichtlich weitere Unterlagen vom Schuldner an, so wird es im Interesse des Schuldners geboten sein, dem Gläubiger diese weiteren Unterlagen – etwa das vollständige Vermögensverzeichnis – zur Verfügung zu stellen.“ (Begr. zu Nummer 37, S.31, 3. Absatz)
  10. Siehe auch F.Frind: InsO-Reform – mit der Praxis und für die Praxis? Rezeption des RefE InsO- ÄndG 9/2004 und zugl. Bericht vom gleichnamigen ZInsO-Diskussionsforum v. 1.10.2004, ZInsO
    19/2004, 1067.
  11. Vgl. G. Pape: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung. Erste Anmerkungen zum Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Justiz, in: ZInsO 9/2003, 393
  12. U. Schmerbach: InsO-Änderungsgesetz 2005 – ein Ausblick, ZInsO 13/2004, 699
  13. Im Einzelnen siehe C. Lunkenheimer/D. Zimmermann: Reformbedarf zur Stärkung der außerge- richtlichen Einigung, ZVI 2004, 317–322.
  14. G. Pape: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung. Erste Anmerkungen zum
    Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Justiz, in: ZInsO 2003, S. 394
  15. Ein solcher Vollstreckungsschutz war bereits im Gesetzesentwurf für die Änderungen im InsOÄndG 2001 enthalten; vgl. Stellungnahme der AG SBV zum Diskussionsentwurf InsOÄndG 2003.
  16. vgl.C. Lunkenheimer/D. Zimmermann, Reformbedarf zur außergerichtlichen Einigung, ZVI 6/2004, 321
  17. Ebenso Schmerbach, ZInsO 2004, 700; Grote/Pape, ZInsO 2004, 994;
  18. RefE ÄndGInsO, Begründung zu Nummer 30, S. 26
  19. Ausgenommen hiervon sind die Verfassungsbeschwerden des AG München
  20. Grote/Pape, ZInsO 2004, 1000
  21. DiskE InsOÄndG, Nr. 26
  22. Schmerbach, ZInsO, 2004, 700
  23. Grote/Pape, ZInsO, 2004, 1002
  24. Erika Schilz: Bis auf weiteres (teilweise) gechlossen!, ZVI, 2002, 447 ff
  25. Kohte, Effektiver Schuldnerschutz und rechtssichere Verfahrensgestaltung bei der Kontenpfändung – rechtssystematische, rechtsvergleichende und rechtspolitische Analysen und Vorschläge, Gutachten im Auftrag des vzbv, 2004, 3
  26. AG SBV, Recht auf ein Girokonto und Erhalt von Girokonten, 2004, 11
  27. AG SBV, Recht auf ein Girokonto und Erhalt von Girokonten, Ergebnisse einer Untersuchung, BAG- SB Info, Heft 2/2004, 42
  28. Das Vorbild dieses Vorschlags ist die Regelung der Vorpfändung nach § 845 ZPO
  29. Die Praxis einzelner Banken (z.B. Postbank), verstärkt die Kontoabwicklung zu zentralisieren und über Callcenter abzuwickeln, erschwert es dem Schuldner innerhalb der geforderten 7 Tage seine Sozialleistungen ausbezahlt zu bekommen.
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