Statement zu den Ergebnissen des SCHUFA-Schuldenkompasses

Die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) begrüßt grundsätzlich die Aktivität der SCHUFA durch ihre Aktivitäten mehr Verständnis für das Thema Ver- und Überschuldung zu schaffen und im Weiteren dazu beizutragen, durch die Erarbeitung neuer präventiver Ansätze den Ursachen der Überschuldung entgegen zu wirken.

Die Ergebnisse der Studie bestätigen und unterstützen die bisherigen Erfahrungen und die daraus resultierenden Forderungen der Praxis der Schuldnerberatung.

Auf diesem Hintergrund möchten wir zu einigen Kernaussagen der Studie Stellung beziehen:

  • 20- bis 24-Jährige haben mehr Zahlungsschwierigkeiten als übrige Altersgruppen. Diese Erkenntnisse aus der SCHUFA-Datenbasis überrascht nicht. Seit Jahren weisen die Statistiken der Schuldnerberatungsstellen darauf hin, dass in immer früheren Jahren Schulden gemacht werden. So haben wir im Zusammenhang mit der Aktionswoche 2002, die unter dem Thema Verführt + Gekauft = Verschuldet stand, darauf hingewie- sen, dass bereits 20 % der Jugendlichen im Westen und 14 % der Jugendlichen im Os- ten Schulden haben. Auch der erste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregie- rung (Mai 2001) stellt fest, dass die Schuldenhöhe von jungen Menschen mit Vollendung des 18. Lebensjahres beim Eintritt in die Berufstätigkeit steigt, da sie ab diesem Zeit- punkt Kredite erhalten.
  • Zahlungsstörungen nehmen in der Telekommunikationsbranche zu.
    Dieses Aussage deckt sich mit den Erfahrungen in der Schuldnerberatung. Seit Jahren weisen die Schuldnerberatungsstellen darauf hin, dass mit dem Handy der Einstieg in die Schuldenfalle vorprogrammiert ist. Aus diesem Grund wurden bereits von vielen Stellen entsprechende Präventionsmaterialien für die Jugendlichen entwickelt.
  • Die ersten zwei Kreditjahre sind die entscheidenden.
    Aus dieser Aussage ergibt sich aus Sicht der Schuldnerberatung die dringende Notwen- digkeit, auch über (Aus-)Bildungsmaßnahmen bei Beraterinnen und Beratern der Fi- nanzdienstleister nachzudenken. Denn, wenn die meisten Probleme in den ersten zwölf Monaten nach der Kreditvergabe entstehen, mit einem Schwerpunkt in der Altersgruppe der 20- bis 30-Jährigen, weist das auch auf die mangelnde Weitsicht und Fürsorge in der Beratung hin. Aber auch die durch den Arbeitsgeber hervorgerufenen Zwänge (durch Prämienverlust) können Einfluss auf Beratungsfachkräfte nehmen.
  • Mit der Arbeitslosigkeit nehmen Zahlungsstörungen in zahlreichen Landkreisen zu.
    Alle bisherigen Untersuchungen in der Schuldnerberatung weisen auf einen engen Zu- sammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Überschuldung hin. Arbeitslosigkeit gilt als der wichtigste Auslöserfaktor für Überschuldung.
  • Je geringer der Bildungsgrad desto geringer ist das Zahlungswissen und desto höher die Schuldenlast.
    Diese Kernaussage der repräsentativen Verbraucheranalyse unterstützt die Erfahrungen in den Schuldnerberatungsstellen. In verschiedenen Untersuchungen (u.a. Korzcak 1999, und Zimmermann 1996/1997) wurde die Einschätzung der Schuldnerberater/innen wiedergegeben, die einen engen Zusammenhang zwischen mangelndem finanziellen Wissen (Korzcak: Unerfahrenheit gegenüber Kredit- und Konsumangeboten bei 22 % der Klienten) und der Ursache der Ver- und Überschuldung gesehen hat. In der Untersuchung bei Schuldnerberatungsstellen der Caritas und der Diakonie hat Zimmermann (Institut für Soziologie der Universität Karlsruhe) festgestellt, dass aus Sicht der Berater/innen bei einem Drittel der Fälle die subjektiven Kompetenzen der betroffenen Per- sonen (Haushaltsplanung, -führung, Konsumwünsche, -verhalten, Erfahrungsmangel mit Banken bzw. Kreditangeboten, Bildungsdefizit) als ursächliche Begründung der Ver- und Überschuldung genannt wurden.
  • Mit Steigerung des Zahlungswissens sinkt die Schuldenneigung.
    Diese Aussage weist schon auf eine der notwendigen Konsequenzen hin, die aus Sicht der Schuldnerberatung aus diesen ersten Ergebnissen des Schuldenkompasses 2003 gezogen werden müssten. Schon bei der oben genannten bundesweiten Aktionswoche 2002 hat Professor Dr. Reifner (Institut für Finanzdienstleistungen, Hamburg) in seinem Beitrag auf den engen Zusammenhang zwischen Schuldenprävention und finanzielle Bildung hingewiesen. Das Thema finanzielle Bildung muss demnach stärker in das Blickfeld von Elternhaus und Schule gerückt werden. Junge Menschen müssen die Fä- higkeit und Fertigkeit erlernen, sich im Markt der Finanzdienstleister zurecht zu finden.

Forderungen der Schuldnerberatung

Aus Sicht der Schuldnerberatungspraxis ergeben sich aus den ersten Ergebnissen des Schuldenkompasses der SCHUFA folgende Forderungen:

  • Überschuldung darf nicht mehr nur als individuelles Problem betrachtet werden. Die gesellschaftliche Aufgabe kann nicht länger allein darin bestehen, durch Beratung die Symptome zu kurieren. Entsprechend den Ankündigungen der SCHUFA müssen nun zeitnah die noch vorgesehenen Untersuchungen, die vor allem die Faktoren Umfeld und Risiko betreffen, zügig umgesetzt werden.
  • Alle Einrichtungen und Organisationen, denen die Erziehung junger Menschen anvertraut ist, sollten – selbstverständlich mit der notwendigen Unterstützung des Elternhauses und in Zusammenarbeit mit der Schuldnerberatungspraxis mehr Anstrengungen als bisher aufbringen, Überschuldung tatsächlich ursächlich anzugehen und damit vorbeu- gend aktiv zu werden.
  • Trotz knapper Kassen, sollten Mittel für eine professionelle Schuldenprävention zur Vor- beugung von Überschuldung und Armut bereitgestellt werden (zum Vergleich: allein in NRW gibt es 105 Stellen im Bereich der Suchtprävention aber nicht eine öffentlich finan- zierte Stelle zur Schuldenprävention). Möglicherweise kann ja die SCHUFA hierzu einen finanziellen Beitrag leisten.
  • Die Aufnahme der finanziellen Allgemeinbildung in die Lehrpläne der Schulen sollte vo- rangetrieben und verbindlich umgesetzt werden.
  • Da die finanzielle Bildung dort besonders gut gelingen kann, wo Betroffene unmittelbar in ihrer Problemlage angesprochen werden, ist eine frühzeitigere Kontaktaufnahme der Schuldnerberatung bei erkennbaren Störungen sinnvoll. Es sollte deshalb über Möglich- keiten nachgedacht werden wie die Schuldnerberatung ggf. bereits bei erkennbaren Zahlungsstörung eingeschaltet werden kann. Alle Finanzdienstleister werden auch in diesem Zusammenhang aufgefordert, einen wirksamen finanziellen Beitrag zu leisten, damit das derzeit schon unzureichende Beratungsangebot entsprechend ausgebaut werden kann.
  • Die SCHUFA sollte auf dem Hintergrund dieser ersten Ergebnisse des Schuldenkompasses Einfluss auf ihre Vertragspartner nehmen, damit entsprechende Fortbildungsangebote für die Beratungskräfte entwickelt werden. Auch hierbei könnte ggfs. ein enger Kontakt mit den Fachkräften der Schuldnerberatung hilfreich sein.
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