Der Zugang zu Energie stellt ein grundlegendes Element der Daseinsfürsorge und gesellschaftlichen Teilhabe dar. Ohne Energie sitzen Menschen sprichwörtlich im Dunkeln, Elektrogeräte können nicht mehr genutzt werden, die Herdplatte, manchmal sogar die Heizung und die Dusche bleiben kalt. Aktuelle Zahlen der Bundesnetzagentur belegen, dass 2015 über 330.000 mal der Strom abgesperrt wurde.
Die Energiepreise, wie sie an den Endkunden weitergeben werden, sind bereits seit zehn Jahren auf einem hohen Niveau. Energieschulden resultieren vielfach aus niedrigen Haushaltseinkommen, mit denen die hohen Energiekosten nicht mehr bewältigt werden können. Sie sind regelmäßig nicht das Ergebnis verschwenderischen individuellen Verhaltens, sondern von Armut. Verschiedene Untersuchungen belegen, dass zum Beispiel in den Regelleistungen des SGB II Energiekosten nicht ausreichend berücksichtigt werden. Die sozialen und wirtschaftlichen Folgen von Energiesperren sind für die Betroffenen verheerend. Aus diesem Grund müssen Energieschulden vermieden und Energiesperren verhindert werden.
Kernforderungen hierfür sind mindestens:
- Das hohe Niveau der Energiepreise, insbesondere des Strompreises, muss im Sinne eines sozial verträglichen Energiepreises entschärft werden, zum Beispiel durch eine angemessene Verteilung der Energiewendekosten auf Haushalts-, Gewerbe- und Industriekunden.
- Die Kosten für Haushaltsenergie müssen bedarfsgerecht im SGB II und SGB XII abgebildet werden. Zudem muss die Pauschale für Haushaltsenergie, ebenso der Mehrbedarf für die dezentrale Warmwasseraufbereitung, entsprechend der Preisschwankungen auf dem Energiemarkt, dynamisiert werden.
- Es muss einen Rechtsanspruch auf darlehensweise Übernahme von Strom- und Heizenergieschulden im Rahmen der Sozialleistungen verankert werden, wenn eine Versorgungsunterbrechung bevorsteht. In Härtefällen sind diese als Beihilfe zu gewähren.
- Im Wohngeld muss eine Heizkostenkomponente eingeführt werden, die jährlich überprüft und angepasst wird. Für Bezieher von Niedrigeinkommen sind die Kosten für Haushaltsenergie häufig ebenfalls problematisch. Hier ist der Gesetzgeber gefordert, eine Lösung zu finden.
- Bei der Erstausstattung bzw. späteren Anschaffung von Haushaltsgeräten in Haushalten im Grundsicherungsbezug müssen energieeffiziente Geräte durch die Gewährung von Zuschüssen gefördert werden.
- Energieversorger sollten von Energiesperren absehen, wenn laufende Abschläge vollständig gezahlt werden und eine tragfähige Lösung für die Regulierung des Zahlungsrückstands gefunden wurde – dabei soll auch die Zahlung von Kleinstraten möglich sein.
- Sobald bei einer Sperrandrohung eine Beratungsstelle zur Existenzsicherung (z.B. Allgemeine Sozialberatung, Schuldnerberatung, Verbraucherberatung) eingeschaltet ist oder wird, sollte der Sperrvorgang ruhend gestellt werden, um wirtschaftlich angemessene Vergleichsverhandlungen führen zu können.
- Die Versorgung nach der Energiesperre muss von Energieversorgungsunternehmen bereits dann wieder hergestellt werden, wenn eine tragfähige Lösung für die Regulierung des Zahlungsrückstandes gefunden wurde und eine erste Zahlung angewiesen ist.
- Sperrandrohungen und -ankündigungen müssen den Betroffenen klar erkennbar (bspw. durch drucktechnische Hervorhebung) und leicht verständlich (klare Formulierung) übermittelt werden.
- Zur wirksamen Vermeidung von Stromsperren gehört der flächendeckende Ausbau von qualifizierten Beratungsangeboten zur Existenzsicherung. Wichtig ist, dass dieses Angebot für Betroffene niedrigschwellig, offen und kostenlos zugänglich ist. Darüber hinaus sind Angebote der Energieeinsparberatung gezielt zu fördern, um durch Einsparpotentiale nachhaltig die Energiekosten zu senken.
Die AG SBV unterstützt jedes Engagement, das nach verbraucherfreundlichen Lösungen sucht, eine Versorgung privater Haushalte mit Energie sicherzustellen. Aus der Praxis der Beratung wissen wir, dass innovative Modelle zur Vermeidung von Energiesperren gute Lösungen darstellen können. Dementsprechend begrüßen wir die Einrichtung überregionaler Strukturen, z.B. Runde Tische auf Verbands- und Bundesebene, um im gemeinsamen Dialog sinnvolle Lösungen und Verfahrensweisen zu entwickeln.